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Für eine alternative Zeitenwende
Sicherheitskonferenz in München: Gegner fordern mehr Geld fürs Allgemeinwohl statt fürs Militär
Zu den Themen, die auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) am Wochenende unter dem Gesichtspunkt »Sicherheitsherausforderungen« diskutiert werden, gehört die »demokratische Resilienz«. Nach Ansicht der Leiterin der Internationalen Münchner Friedenskonferenz, Maria Feckl, werden aber »kritische Diskussionen zur deutschen Außenpolitik offenbar systematisch erschwert«.
Zu der Tagung laden alljährlich parallel zur MSC acht Organisationen der Friedensbewegung ein, darunter die Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs, IPPNW, Pax Christi und die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). Die Vorbereitungen zur diesjährigen Friedenskonferenz begannen mit einem Minus von 16 000 Euro, denn das Kulturreferat der Stadt München hatte dem Trägerkreis schon Anfang 2024 Fördermitteln in dieser Höhe gestrichen. Und für den Tagungsort der Konferenz 2025 hatte die Katholische Akademie vor Weihnachten den Mietvertrag ohne Angabe von Gründen storniert. Deshalb mussten kurzfristig Räume beim privaten und teuren Anbieter Smartvillage angemietet werden.
»Eine Woche vor Beginn forderte dieser Vermieter dann plötzlich ein zertifiziertes Sicherheitskonzept mit einer externen Security-Agentur mit mindestens drei Sicherheitskräften pro Abend«, berichtet Maria Feckl. Die Kosten dafür würden sich auf mehrere Tausend Euro belaufen. Die Auflage werde mit dem Besuch des US-Vizepräsidenten J. D. Vance bei der MSC begründe. Dabei sehe die Polizei selbst keinerlei Sicherheitsrisiken. »Erst streicht man uns die Förderung, dann nimmt man uns die Räume, und jetzt werden aus dem Nichts überzogene Sicherheitsauflagen verhängt – das ist kein Zufall mehr«, glaubt Feckl.
»Erst streicht man uns die Förderung, dann nimmt man uns die Räume, und jetzt werden aus dem Nichts überzogene Sicherheitsauflagen verhängt – das ist kein Zufall mehr.«
Maria Feckl
Leiterin der Münchner Friedenskonferenz
Thema beim Auftakt zur Friedenskonferenz am Freitag sind die »Fundamente des Friedens« – und wie bei der MSC wird dabei über die internationale, regelbasierte Ordnung diskutiert. Das Verständnis von der Ordnung des Rechts dürfte sich jedoch ziemlich von dem auf dem Treffen von hochrangigen Politikern, Militärs und Vertretern der Rüstungsindustrie unterscheiden. Denn bei der Friedenskonferenz geht es um das Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta, eine neue Friedensbewegung und den »Weg vom Recht des Stärkeren zur Stärke des Rechts«. Über letzteren wird der renommierte Jurist und Journalist Heribert Prantl sprechen. Kerem Schamberger von der Hilfsorganisation Medico International wird über das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem sprechen, mit dem nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International das Recht auf Asyl de facto abgeschafft wird.
Der Samstagabend steht im Zeichen des Nahostkonflikts: Die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese, der Nahost-Experte Johannes Zang und Gershon Baskin, Experte für Konfliktlösung, werden erörtern, wie das Völkerrecht als Fundament des Friedens gestärkt werden kann und welche Rolle die Zivilgesellschaft dabei spielt. Der Raum für einen weiteren Vortrag von Albanese an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) wurde kurzfristig gekündigt, der Saal für eine weitere Veranstaltung mit ihr an der Freien Universität Berlin ebenfalls. In München wollte Albanese auf Einladung des Netzwerks »Decolonial Practices Group« über Kolonialismus, Menschenrechte und internationales Recht sprechen.
Während auf der MSC über neue Technologien, Manipulation von Kommunikation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft diskutiert wird, fordern die Organisatoren der Anti-Siko-Demonstration einen Strategiewechsel weg vom aktuellen Konfrontationskurs und einer militärisch definierten Sicherheitslogik hin zu einem Verständnis von gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Die zunehmend infrage gestellte globale Vorherrschaft des Westens resultiere aus der imperialistischen Aufteilung der Welt in den zurückliegenden Jahrhunderten, heißt es im Demo-Aufruf. Statt sich der historischen Verantwortung zu stellen, werde das imperiale Erbe mit ökonomischer Macht und militärischer Gewalt behauptet.
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Bei der Auftaktkundgebung zur Demo spielt einmal mehr der Nahe Osten eine zentrale Rolle. Thematisiert werden aber auch die Rechte von Hafenarbeitern, die das Verladen von Waffen ablehnen, Repressionen im Zuge der Militarisierung und der Widerstand gegen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.
Der ehemalige griechische Finanzminister und Gründer der europäischen Partei Diem25, Yanis Varoufakis, wird sowohl auf der Friedenskonferenz als auch auf der Abschlusskundgebung der Demo am Samstag sprechen. Sie wird im übrigen eine von vielen im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages der Friedensbewegung sein.
Livestream und Aufzeichnungen von Demo und Friedenskonferenz gibt es auf dem Kanal https://www.youtube.com/@AntiSiko.
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