München: Proteste gegen den »reaktionär-militaristischen Umbau«

Die Anti-Siko-Proteste in München standen unter dem Eindruck des Anschlags auf Gewerkschafter

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 3 Min.
Das »Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz« hatte zum Protest in München aufgerufen.
Das »Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz« hatte zum Protest in München aufgerufen.

Unter dem Motto »Friedensfähig statt kriegstüchtig« haben am Samstag mehrere Tausend Menschen in München gegen die dort alljährlich stattfindende »Sicherheitskonferenz« und die Aufrüstung der Gesellschaft demonstriert. Ein Sprecher vom »Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz« warnte vor dem Weg in die Kriegswirtschaft: »Wir erleben einen reaktionär-militaristischen Umbau der gesamten Gesellschaft zur Schaffung von Kriegsfähigkeit gegenüber Russland und vor allem gegen die Volksrepublik China.«

Die Demonstration stand unter dem Eindruck des Vorfalls vom vergangenen Donnerstag, als ein Auto in eine Gruppe von streikenden Gewerkschaftern fuhr und viele von ihnen zum Teil lebensgefährlich verletzte. Zwei Menschen sind inzwischen gestorben.

Massives Polizeiaufgebot

Manches war wie so oft in den vergangenen 20 Jahren: Am abgesperrten Nobelhotel Bayerischer Hof fuhren die schwarzen Limousinen der Politiker und Waffenhändler vor, während im Demonstrationszug rote und viele palästinensische Fahnen wehten. Auch dass der Zug am Odeonsplatz an einer Gegendemonstration von Unterstützern der Ukraine (von dort gab es Rufe wie »Moskau raus« und »Taurus, Taurus«) vorbeimusste, gab es schon vergangenes Jahr. Neu aber war diesmal das massiv verstärkte Aufgebot der Polizei, das nun allerdings der Sicherheit der Protestierenden diente.

Die Demonstranten forderten ein Ende der Waffenlieferungen in Kriegsgebiete.
Die Demonstranten forderten ein Ende der Waffenlieferungen in Kriegsgebiete.

Hinter dem Demonstrationszug sperrten Polizeiautos die Straße in voller Breite ab, sodass es – anders als beim Anschlag auf die Gewerkschafter – nicht möglich war, mit einem Auto daran vorbeizufahren. Und neu war natürlich auch der Tonfall auf der Sicherheitskonferenz, mit dem Mitglieder der neuen Trump-Regierung in den USA die Europäer vor dem Kopf stießen.

Mobilisierung gegen viele konkrete Bedrohungen

Der Krieg in Gaza und der Krieg in der Ukraine, die Aufrüstungspläne in Deutschland und die Stationierung von US-amerikanischen Mittelstreckenraketen, die Militarisierung der Gesellschaft und das Säbelrasseln gegen China – es sind sehr konkrete Bedrohungen, gegen die das Münchner Bündnis gegen die Sicherheitskonferenz in diesem Jahr mobilisierte. Doch es ist wohl ein Zeichen für die Aufspaltung der Gesellschaft, wenn sich einerseits in München 250 000 Menschen bei einer Demonstration »gegen rechts« einfinden, die Friedensbewegung aber nur sehr begrenzt mobilisieren kann und dabei die Teilnehmer nicht jünger werden.

Zudem es am Samstag noch eine zweite Demonstration gegen die Sicherheitskonferenz gab, mit Startpunkt Königsplatz und ausgehend von »München steht auf«, einer Bewegung, hervorgegangen aus dem coronakritischen Lager, dort war unter anderem der Linke-Politiker Diether Dehm angekündigt. Das Motto der Veranstaltung: »Macht Frieden, keine Waffenlieferungen in Krisengebiete«.

Kritik an Nichteinladung Russlands

Sicherheitskonferenz – München: Proteste gegen den »reaktionär-militaristischen Umbau«

Bei der Auftaktkundgebung des Anti-Siko-Bündnisses sagte deren Sprecher Mark Ellmann, es könne nicht sein, dass »auf einer internationalen Konferenz des Kalibers der sogenannten Sicherheitskonferenz keine Friedensverhandlungen mit allen am Ukraine-Krieg beteiligten Staaten möglich sind, weil die russische Regierung nicht eingeladen wird.« Es könne auch nicht sein, dass »ein paar Milliardäre in den USA entscheiden, ob nun Krieg oder Frieden ist, und ab der Bundestagswahl dann ein Multimillionär im Kanzleramt, der zuvor für Atlantikbrücke und Blackrock aktiv war, das Gleiche abziehen will.«

Auch die Situation im Gazastreifen und Westjordanland stand im Fokus mehrerer Redner, die eine humanitäre Katastrophe beschworen und die Waffenlieferungen der deutschen Bundesregierung kritisierten. Bei der Abschlusskundgebung sprach unter anderen Yanis Varoufakis von der von ihm gegründeten linken paneuropäischen politischen Bewegung »DiEM25«, die nach eigenen Angaben die »gerechte Gestaltung des 21. Jahrhunderts« zum Ziel hat. Sie stehe »für eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur, eine Welt ohne Atomwaffen und eine konsequente Abrüstungspolitik« und will »die Aufrüstungs- und Überwachungsspirale durchbrechen, Migration entkriminalisieren, die Ausbeutung und Unterdrückung des Globalen Südens beenden und für universelle Menschenrechte einstehen«.

Sicherheitskonferenz – München: Proteste gegen den »reaktionär-militaristischen Umbau«
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