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Berliner Fußballvereine sollen nicht für Hochrisikospiele blechen
Senat und Fachleute lehnen pauschale Kostenbeteiligung durch Fußballvereine ab
Gespannt warteten auch die Berliner Fußballvereine und ihre Anhänger auf ein womöglich wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Anfang dieses Jahres wurde in Karlsruhe das Urteil zu einem mehr als zehn Jahre dauernden Rechtsstreit verkündet. Seitdem dürfen die Mehrkosten bei Hochrisikospielen an die Klubs weitergegeben werden. Hochrisikospiele sind solche mit erhöhtem Polizeiaufgebot. Der Berliner Senat will von dieser Möglichkeit allerdings keinen Gebrauch machen. Dennoch diskutieren die Fachleute der Branche, wie mit den etwaigen Mehrkosten nun umgegangen werden soll.
Der Senat schließt eine Kostenbeteiligung auch vor dem Hintergrund aus, dass andere Bundesländer ihrerseits der Beteiligung eine Absage erteilten. Nun die Berliner Klubs zur Kasse zu bitten, würde den Wettbewerb verzerren, erklärte die Sportstaatssekretärin Franziska Becker (SPD) vergangenen Freitag im Sportausschuss des Abgeordnetenhauses. Anstatt dass in jedem Bundesland eine andere Regel gelte, müsse eine einheitliche Lösung gefunden werden, sagte Becker.
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Zugleich wolle der Senat kleinere Vereine schützen, die die Kosten der Polizeieinsätze womöglich nicht tragen könnten. Wie Jürgen Paepke, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Fußballliga (DFL), erklärte, würden die Vereine ohnehin jedes Mal gegen die Summen vorgehen, die sie bezahlen müssen und von der Polizei festgelegt würden.
Von Paepke erläuterte, dass eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Vereinen und der Polizei wichtig, aber nicht möglich sei, wenn die Polizei als Gläubiger und der Verein als Schuldner fungiere. Man müsse eher dafür sorgen, dass bei Fußballspielen weniger Polizei benötigt werde. Und darin wird dem DFL-Vertreter zufolge schon viel investiert. Stephan Weh, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), pflichtete von Paepke bei. Auf beiden Seiten gebe es den Wunsch, Risikospiele zu unterbinden, daher seien verstärkte Einlasskontrollen und das konsequente Vorgehen gegen randalierende Personen ein wichtiger Schritt.
Auch der GdP zufolge sollte man die Kosten nicht auf die Vereine legen. Aber man sollte sich diese Maßnahme in der Hinterhand behalten, falls die Vereine nicht genug unternehmen, um Hochrisikospiele zu verhindern. Thomas Herrich, der Geschäftsführer von Hertha BSC, und Dirk Zingler, der Präsident von Union Berlin, erklärten, dass die Vereine genau dies aber mit allen Mitteln versuchen würden.
Das beste Mittel, um Risikospiele zu vermeiden, seien Investitionen der Vereine in die Kommunikation mit den Fans und in Fanprojekte, sagte DFL-Vertreter von Paepke. Stephan Weh lobte die Zusammenarbeit von Hertha und Union mit der Polizei.
Weitere Lösungsvorschläge wie ein Fonds, in den alle Vereine einzahlen, oder das Einberechnen der Kosten in die Tickets wurden kritisiert. Bei einem Fonds müssten die Vereine ohne Risikospiele leiden, sagte von Paepke von der DFL. Die Kosten auf die Ticketpreise aufzuschlagen, sei sehr schwer umsetzbar, sagt Union-Präsident Zingler. Dafür seien schließlich die Vereine selbst verantwortlich.
Auch wenn in der Debatte der Abschluss vorerst noch aussteht, herrscht im Grunde unter den Beteiligten weitgehende Einigkeit: Die Kostenverschiebung auf die Berliner Vereine wird nicht unterstützt, eine andere Lösung muss aber gefunden werden.
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