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Bundestagswahl: Die Linke sicher im Bundestag

Zahlen und Reaktionen vom Wahlabend: Linkspartei liegt bei 8,7 Prozent / Wahlsieger Union mit 28.6 Prozent / BSW und FDP zittern

  • Lesedauer: 5 Min.
Die drei Spitzenleute der Linken: Ines Schwerdtner, Heidi Reichinnek und Jan van Aken (v.l.n.r.)
Die drei Spitzenleute der Linken: Ines Schwerdtner, Heidi Reichinnek und Jan van Aken (v.l.n.r.)

Die Linke zieht laut erster Hochrechnung des ZDF sicher in den Bundestag ein. Demnach bekommt die Partei 8,7 Prozent Zustimmung. Ein respektables Ergebnis, denn vor einigen Wochen lagen die Genossen in den Umfragen noch unter fünf Prozent. Im neuen Bundestag wird es also wieder eine Linke in Fraktionsstärke geben. Nach der Spaltung mit den Wagenknecht-Leuten ist die Partei dort aktuell nur noch als Gruppe vertreten. Voraussichtlich wird die Linke sechs Direktmandate erhalten: vier in Berlin, eins jeweils in Erfurt und Leipzig.

Wie erwartet ist die Union mit Spitzenmann Friedrich Merz (CDU) der Wahlsieger an diesem Abend. CDU und CSU kommen zusammen auf 28,6 Prozent. Die SPD von Kanzler Olaf Scholz lag bei 16,5 Prozent, die Grünen bei 12,1 Prozent Zustimmung kommen. Die extrem rechte AfD kann 20,5 Prozent der Wäher überzeugen – ein Rekordergebnis bei einer bundesweiten Wahl.

Laut den Zahlen von 21.00 Uhr müssen zwei Parteien um den Einzug in den neuen Bundestag bangen: das Bündnis Sahra Wagenknecht und die FDP. Das BSW steht derzeit bei fünf Prozent, die die Liberalen bei 4,7. FDP-Chef Christian Lindner hat unterdessen seinen Rückzug angekündigt, falls die Partei den Einzug in den Bundestag verpasst. Lindner sagte am Abend in der »Berliner Runde« von ARD und ZDF: »Wenn die FDP aus dem Bundestag ausscheidet, ist das völlig klar, dass ich dann auch aus der Politik ausscheide.«

Die rechten Parteien – CDU, CSU, AfD und FDP – kommen somit auf mehr als die Hälfte aller abgegebenen Stimmen. Damit zeigt sich auch bei dieser Wahl: Es gibt eine Rechtsverschiebung im politischen Denken und Handeln in Deutschland.

Die Wahlbeteiligung lag an diesem Sonntag mit 83 bis 84 Prozent höher als 2021 (76,4). Zur Stimmabgabe aufgerufen waren 59,2 Millionen Menschen, davon gut 42 Prozent 60 Jahre oder älter und etwa 2,3 Millionen junge Erstwähler. Hinzu kommen mehr als 200.000 Deutsche, die im Ausland leben und sich für die Wahl registriert haben. Für sie wurde es mit der Stimmabgabe wegen der kurzen Fristen diesmal aber knapp.

Linken-Chef Jan van Aken hat sich erfreut über die ersten Wahl-Prognosen für seine Partei gezeigt. »Es ist ein großartiger Erfolg«, sagte er am Sonntagabend der Nachrichtenagentur AFP. »Wir sind als Underdog gestartet und stehen nun stärker da als vorher.« Die Strategie der Partei, »an der Seite der Menschen für die Themen zu kämpfen, die sie wirklich bewegen«, sei aufgegangen. Die nächste Bundesregierung werde auf eine starke linke Opposition treffen, auf eine Bundestagsfraktion mit klarem Fokus auf soziale Gerechtigkeit, bezahlbare Mieten und Preise.

Ähnlich euphorisch zeigte sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. »Die Wahl hat die Union gewonnen«, sagte er in Berlin. Die Ampel sei endgültig abgewählt. »Der nächste Bundeskanzler wird Friedrich Merz heißen.« Merz wurde am Abend mit diesen Worten zitiert: »Jetzt darf auch mal Rambo Zambo im Adenauer-Haus sein. Heute Abend feiern wir und ab morgen früh wird gearbeitet.«

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch war dagegen bedient. Er sprach von einer »historischen Niederlage« für seine Partei. Es sei ein »ganz bitterer Abend« für die SPD, sagte er am Sonntag im ZDF. »Die Ampel ist abgewählt worden und wir konnten uns noch so viel anstrengen landauf, landab«, führte Miersch aus, »es hat sich wenig getan.«

Das Bündnis Sahra Wagenknecht zeigt sich trotz schwacher Prognose zuversichtlich, den Einzug in den Bundestag zu schaffen. »Wir haben wirklich jeden Grund, hoffnungsvoll zu sein«, erklärte Parteichefin Amira Mohamed Ali. »Wir schaffen das, wir kommen da rein.«

Der neue Bundestag wird wegen einer Reform deutlich schlanker sein. Die Zahl der Abgeordneten wurde auf 630 begrenzt – mehr als 100 weniger als aktuell. Dafür fallen die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate weg, die bisher das Parlament oft stark aufgebläht haben. Nun kommen mit Erststimme gewählte Kandidaten nur noch in den Bundestag, wenn ihre Partei auch genügend Zweitstimmen hat.

Die Regierungsbildung könnte je nach Mehrheitsverhältnissen eine große Herausforderung werden. Merz strebt eine Zweierkoalition mit SPD oder Grünen an, während CSU-Chef Markus Söder eine Koalition mit den Grünen strikt ablehnt. Sollten mehrere kleine Parteien über die Fünf-Prozent-Hürde kommen, dürfte die Union auf zwei Koalitionspartner angewiesen sein. Wie beim gescheiterten Ampel-Bündnis könnte dies eine größere Instabilität bedeuten.

Die Wahl wurde um sieben Monate vorgezogen – das gab es bisher nur 1972, 1983 und 2005. Grund ist, dass die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November zerbrochen war. Kanzler Scholz schlug nach dem Nein des Bundestages zu seiner Vertrauensfrage vor, das Parlament aufzulösen – was Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dann anordnete.

Der kurze Winterwahlkampf war vor allem geprägt von der Debatte über eine Begrenzung der Migration. Empörung hatte die Einmischung der neuen US-Regierung in den Wahlkampf zugunsten der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften AfD ausgelöst. Agenturen/nd

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