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- Werbung für die Bundeswehr
Zwickau: Stadtrat bekräftigt Werbeverbot für Bundeswehr
In der sächsischen Stadt soll es auf Straßenbahnen und kommunalen Gebäuden keine Reklame für die Truppe mehr geben
Der Stadtrat von Zwickau beharrt auf einem Werbeverbot für die Bundeswehr. In einer Sondersitzung stimmte das Gremium am Donnerstagabend mehrheitlich für einen Antrag des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). Darin heißt es wörtlich: »In Liegenschaften der Stadtverwaltung und der kommunalen Unternehmen sowie Fahrzeugen und sonstigen Präsentationsflächen wird auf Werbung für Kriegsdienst und Rüstungsprodukte verzichtet.« Damit soll sich Zwickau als »Stadt des Friedens und der Völkerverständigung« positionieren.
Rund eineinhalb Stunden hatten die Stadträte erneut kontrovers über ein solches Werbeverbot diskutiert. Schon Ende Januar hatte der Stadtrat mehrheitlich für das Werbeverbot gestimmt. Dagegen hatte Oberbürgermeisterin Constance Arndt (Bürger für Zwickau) Widerspruch eingelegt. Sie hielt den Beschluss für rechtswidrig und nachteilig für die Stadt. Er werde nicht nur zu geringeren Einnahmen führen, sondern schade auch dem Image Zwickaus, argumentierte sie. So drohe ein Vertrauensverlust mit Blick auf die künftige Zusammenarbeit mit der Bundeswehr etwa bei Hochwasserkatastrophen. Die Bundeswehr sei eine demokratische Institution, die gut ausgestattet sein müsse, so die Rathauschefin. Und die Bürger seien mündig genug, eigene Entscheidungen zu treffen. Dazu brauche es kein Werbeverbot.
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Am Ende stimmten vor allem Stadträte von AfD und BSW sowie der fraktionslose Vertreter der extrem rechten Freien Sachsen sowie zwei Stadträte der CDU für den BSW-Antrag. Er erhielt 21 Stimmen. 16 Stadträte votierten dagegen, vier enthielten sich. Die Bundeswehr sei jahrzehntelang ohne gezielte Nachwuchswerbung ausgekommen, betonte Sven Quilitzsch vom BSW. Sie sei in erster Linie auch keine Katastrophenschutzeinheit, sondern werbe für den Kriegsdienst. Er halte Werbung für das Technische Hilfswerk oder den Bundesfreiwilligendienst für angebrachter. Widerspruch kam von CDU-Stadtrat Michael Luther. »Wer für das Werbeverbot ist, ist gegen die Bundeswehr«, sagte er.
Von den beiden Linke-Stadträten kam bei der Abstimmung eine Enthaltung und eine Stimme gegen den BSW-Antrag. Beide kritisierten die Kooperation des BSW mit der AfD in der Angelegenheit, obwohl auch sie Bundeswehr-Werbung kritisch sehen. Die Linke gehört in Zwickau neben SPD, Grünen, FDP und einer lokalen Wählerinitiative zur Fraktion »Progressive Demokraten«. Sieben der acht anwesenden Abgeordneten dieser Fraktion stimmten gegen den BSW-Antrag.
Der Bundeswehr standen voriges Jahr nach eigenen Angaben 58 Millionen Euro für Nachwuchswerbung zur Verfügung. Sie sei einer der größten Ausbilder und Arbeitgeber in Deutschland und auf Fachkräfte angewiesen, erklärte eine Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. »Die Bundeswehr sorgt für unsere Sicherheit – insbesondere angesichts der aktuellen Bedrohungslage. Dafür muss sie personell gut aufgestellt sein.« Auch dazu diene die Präsenz in der Öffentlichkeit. Wie viel Geld die Streitkräfte in Zwickau in Werbemaßnahmen investieren, wollte die Sprecherin mit Verweis auf »laufende Vertragsverhältnisse gegenüber Dritten« nicht sagen. Oberbürgermeisterin Arndt sprach mit Blick auf die Vermietung von Werbeflächen auf Fahrzeugen der Städtischen Verkehrsbetriebe von einem mittleren fünfstelligen Betrag.
»Wer für das Werbeverbot ist, ist gegen die Bundeswehr.«
CDU-Stadtrat Michael Luther
Auch in Berlin strebt das BSW an, dass an Haltestellen sowie Fahrzeugen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) keine Werbung für die Bundeswehr gemacht wird. Dazu bestehende Verträge sollen nicht verlängert beziehungsweise gekündigt werden, fordern die BSW-Bezirksverordneten Martin Rutsch und Christine Scherzinger in einem entsprechenden Antrag. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg solle sich dafür bei der Senatsverwaltung einsetzen. Darüber hinaus wollen die beiden Kommunalpolitiker, dass auch bei Veranstaltungen des Landes und der Bezirke und auf städtischen Gebäuden keine Bundeswehrwerbung mehr stattfinden soll.
Der Zwickauer CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Körber zeigte sich empört über den Stadtratsbeschluss. Dieser mache ihn »fassungslos«, schrieb der Vorsitzende der CDU-Landesgruppe Sachsen im Berliner Parlament am Freitag auf Facebook. »Damit isoliert sich Zwickau in ganz Deutschland.« Die Bundeswehr sei eine »Bündnis- und Friedensarmee, keine aggressive Offensivstreitkraft«, deshalb gehöre sie »auch nach Zwickau«. dpa/nd
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