Fast verhinderte van Aken-Veranstaltung – Viele Fragen offen

Stadt Göttingen wollte Wahlkampfveranstaltung mit Linke-Chef van Aken verhindern

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
In Göttingen wäre eine Veranstaltung mit Jan van Aken beinahe untersagt worden.
In Göttingen wäre eine Veranstaltung mit Jan van Aken beinahe untersagt worden.

Am 13. Februar führte Die Linke in Göttingen eine Wahlkampfveranstaltung mit Jan van Aken durch. Ende vergangener Woche macht der Kreisverband öffentlich, dass die Stadt Göttingen die Veranstaltung untersagen wollte. Am 12. Februar habe eine Beschäftigte der Bauverwaltung bei der musa, dem Kulturzentrum, in dem die Veranstaltung stattfand, angerufen und auf eine Absage gedrängt. Begründung: Der Vertrag der musa mit der Linkspartei über den Auftritt van Akens stehe im Widerspruch zum kulturellen Nutzungszweck, der für die Anmietung der musa festgeschrieben sei.

Dieser kulturelle Nutzungszweck ist tatsächlich schriftlich festgehalten. Doch merkwürdig ist: Bei anderen politischen Parteien hat das die Stadt nicht gestört – und zwar weder vor noch nach dem 13. Februar. Wenige Tage nach dem Besuch van Akens lud die Göttinger SPD unbeanstandet zu einem Wahlkampfauftritt ihres Bundestagskandidaten Thorsten Heinze in die musa. Und am 23. Februar, dem Tag der Abstimmung, feierten die Grünen in dem Kulturzentrum ihre Wahlparty. Hat es diesen Anruf aus der Verwaltung wirklich gegeben? Und wenn ja, tätigte die Mitarbeiterin das Telefonat auf eigene Initiative oder auf Anweisung von oben? Leute aus der musa bestätigen lediglich, dass das Gespräch stattgefunden hat.

Die Stellungnahme der Stadt fällt ausführlich aus, lässt aber Fragen offen. Die Verwaltungsmitarbeiterin habe die musa in dem Telefongespräch »mit Blick auf den zu der Zeit gültigen Mietvertrag auch völlig zu Recht« darauf hingewiesen, dass die geplante Wahlkampfveranstaltung nicht durchgeführt werden könne, schreibt Pressesprecher Dominik Kimyon auf eine Anfrage des »nd«. Hintergrund: Sechs Wochen vor einer Wahl dürften in Schulen keine parteipolitischen Veranstaltungen stattfinden. Dies sei der Auslöser dafür gewesen, dass alle Mietverträge von städtischen Gebäuden geprüft wurden. »Dabei wurde festgestellt, dass der Vertrag der Musa nur sozio-kulturelle Veranstaltungen zulässt. Die geplante Veranstaltung war dabei zufällig entdeckt worden.«

Als Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) von dem Anruf erfahren habe, »hat sie sofort interveniert, weil im Vorfeld bereits andere Parteiveranstaltungen ohne Beanstandung dort stattgefunden haben«, so Kimyon. Auch Stadtbaurat Frithjof Look habe der musa unverzüglich zugesichert, dass die Veranstaltung entgegen der ersten Aussage und trotz der vertraglichen Vereinbarung stattfinden könne, es im Nachgang aber eine Änderung des Vertrags geben müsse. Die Änderung des Mietvertrags sei zwischenzeitlich erfolgt: »Zukünftig sind alle Veranstaltungen in der musa möglich, solange sie dem Vereinszweck entsprechen.«

Die Linke wähnt indes die Verwaltungsspitze der Stadt hinter dem Verbotsvorstoß. »Die Veranstaltung muss dem Baudezernenten ein Dorn im Auge gewesen sein«, schreibt Kreissprecherin Lisa Zumbrock. An Veranstaltungen der SPD und der Grünen habe er sich jedenfalls nicht gestört. Weil in der musa seit Jahren neben kulturellen auch politische Veranstaltungen aller demokratischen Parteien stattfänden, »verstehe ich das Vorgehen des Baudezernenten als Angriff auf uns und die Demokratie«.

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