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Kirsty Coventry wird erste IOC-Präsidentin
Das IOC trifft mit der Frau aus Afrika eine historische Wahl
Kirsty Coventry verneigte sich im Auditorium vor den IOC-Mitgliedern und wurde vom scheidenden Präsidenten Thomas Bach per Küsschen beglückwünscht. Die frühere Top-Schwimmerin rückt als erste Frau an die Spitze des Internationalen Olympischen Komitees. Die 41-Jährige aus Simbabwe wurde bei der 144. IOC-Generalversammlung in einem griechischen Ferienresort zur Nachfolgerin des Deutschen Bach gewählt. Coventry ist damit auch das erste IOC-Mitglied aus Afrika, das die olympische Dachorganisation in seiner 131-jährigen Geschichte anführen wird.
Bach (71) konnte nach zwölf Jahren und zwei Amtszeiten nach den Regeln der olympischen Charta nicht mehr wiedergewählt werden. Coventry setzte sich gegen sechs Mitbewerber durch, allesamt Männer. Als Mitfavoriten galten zuvor der britische Leichtathletik-Weltverbandschef Sebastian Coe (68) und der Spanier Juan Antonio Samaranch jr. (65), Sohn eines früheren IOC-Präsidenten. Coventry stand überraschenderweise schon nach dem ersten Wahlgang als neue Präsidentin fest.
»Dies ist ein außergewöhnlicher Moment. Als neunjähriges Mädchen hätte ich nie gedacht, dass ich eines Tages hier stehen würde«, sagte Coventry und bedankte sich immer wieder bei den IOC-Mitgliedern: »Das ist nicht nur eine große Ehre, sondern auch eine Erinnerung an meine Verpflichtung gegenüber jedem Einzelnen von Ihnen. Ich werde euch alle stolz machen. Jetzt haben wir einiges an Arbeit vor uns. Dieser Wahlkampf hat uns stärker gemacht.«
Doppel-Olympiasiegerin und zweifache Mutter
Beim Votum hinter verschlossenen Türen erhielt Coventry am Ende die notwendige absolute Mehrheit der Stimmen. Die Sportministerin von Simbabwe war vorab als Bachs Wunschkandidatin gehandelt worden. Es wird damit gerechnet, dass sie die sportpolitischen Linien des Unterfranken weitgehend fortsetzen wird. »Wir sind verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Stilen«, sagte Coventry vor ihrer Wahl.
Die zweifache Mutter verspricht mehr Offenheit und will die IOC-Mitglieder stärker einbinden als dies in den vergangenen Jahren unter Bach der Fall war. »Frauen sind bereit zu führen. Ich sehe dies als Chance, Schranken niederzureißen«, hatte Coventry zu ihrer Bewerbung gesagt.
Als Schwimmerin gewann sie bei Olympia zwei Goldmedaillen, nahm zwischen Sydney 2000 und Rio 2016 an fünf Sommerspielen teil. 2013 rückte sie zunächst als Athletenvertreterin ins IOC, 2018 auch ins Exekutivkomitee, wo unter Bach die maßgeblichen Entscheidungen getroffen wurden.
Amtsantritt in Lausanne folgt aber erst in drei Monaten
In ihrem Ministeramt in Simbabwe war Coventry nicht unumstritten. Vom Vorwurf, sie habe eine vom einstigen Diktator Robert Mugabe beschlagnahmte Farm als Geschenk angenommen, sprach ein Gericht sie frei.
Den IOC-Chefsessel übernimmt Coventry erst am 24. Juni. Bis dahin führt Bach weiter die Geschäfte. Ihm habe die kurze Eingewöhnungszeit bei seinem Amtsantritt 2013 nicht gefallen, ließ Bach wissen. Die lange Übergangszeit sei »nichts, was wir erfunden haben«. So etwas gebe es auch in Regierungen und großen Unternehmen.
Aus Deutschland kamen Glückwünsche. »Sie weiß, was es für eine erfolgreiche Zukunft des olympischen Sports braucht. Als aktives Mitglied der olympischen Bewegung wird sich der DOSB weiterhin tatkräftig für die Verbreitung der olympischen Werte in Deutschland und die weltweite Sportentwicklung einsetzen«, sagte Präsident Thomas Weikert vom Deutschen Olympischen Sportbund.
Auf Coventry warteten größere Herausforderungen als auf ihn selbst zu Beginn seiner Amtszeit, hatte Bach zuletzt orakelt. Die angespannte weltpolitische Lage und das gewachsene Misstrauen gegenüber Institutionen betreffen auch das IOC. dpa/nd
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