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Jemen: Peking versucht sich als Vermittler
China bringt Saudi-Arabien, Iran und Jemen an den Verhandlungstisch
Wenn der ägyptische Präsident Abdel Fattah Al-Sisi mit Raschad Al-Alimi, dem Vorsitzenden des jemenitischen Präsidialrats, spricht, dann betont er immer wieder die Notwendigkeit einer friedlichen Lösung für den Jemen, freundlich, aber immer bestimmter: Im Jemen müsse endlich mehr passieren, um den Einfluss des Iran auf die Huthi zurückzudrängen, heißt es aus Al-Sisis Büro. Und das bedeute vor allem, den Friedensprozess voranzubringen.
Das immense ägyptische Interesse an der Lage im Jemen hat einen guten Grund: Was dort, mehr als 2000 Kilometer Luftlinie von Kairo entfernt, passiert, droht die tiefe Wirtschaftskrise in Ägypten weiter zu verschärfen. Aus dem Präsidentenbüro heißt es, »800 Millionen US-Dollar monatlich« verliere das Land derzeit, weil Schiffe wegen der Gefahr, vom Jemen aus beschossen zu werden, nicht durch das Rote Meer und den Suezkanal von und nach Europa fahren, sondern die längere Route rund um das Kap der Guten Hoffnung nehmen. Und die Einnahmen aus dem Kanal machen normalerweise bis zu ein Viertel des ägyptischen Staatshaushaltes aus.
Geld ist überhaupt der Grund dafür, warum sich die Regierungen der Region für den Jemen interessieren: In Saudi-Arabien beobachtet man die Lage an der Meerenge zwischen Jemen und Dschibuti genau, weil dort die Route zu den saudischen Häfen am Roten Meer durchführt. Auch Saudi-Arabien musste bereits Einnahmeausfälle verbuchen, weil Güter vermehrt über Land von und zum Persischen Golf transportiert werden.
Gescheiterter Krieg gegen die Huthi
Noch vor einigen Jahren hatten Saudi-Arabien und Ägypten gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Luftangriffe auf den Jemen geflogen. Nun will man eine erneute Kriegsbeteiligung nach Möglichkeit vermeiden, aus guten Gründen: Die Angriffe waren extrem teuer, haben zu vielen zivilen Opfern und erheblicher internationaler Kritik geführt. Und hatten am Ende nichts gebracht: Die Huthi sind immer noch da. Die Forderungen nach einer friedlichen Lösung dürften aber auch innenpolitische Gründe haben. Die USA sind in der arabischen Welt ohnehin schon sehr unbeliebt, und Trumps Vorschlag, die Bevölkerung des Gaza-Streifens in andere Länder umzusiedeln, hat die Stimmung noch weiter angeheizt. Eine Kriegsbeteiligung oder auch nur eine offene Unterstützung für Trumps Vorgehen im Jemen hätte mit ziemlicher Sicherheit Massenproteste zur Folge, in einer Zeit, in der vor allem die ägyptische Führung aufgrund der dortigen wirtschaftlichen Lage massiv an öffentlicher Zustimmung verloren hat.
Ein Großteil des chinesischen Handels mit Europa wird über die Route durch den Suezkanal abgewickelt.
Auch der iranische Außenminister Sayed Abbas Araghchi ist in diesen Tagen ein gefragter Gesprächspartner: Neben Al-Sisi sprachen auch bereits mehrfach die Außenminister der VAE und des Oman mit ihm, und immer wieder klingt in den Pressemitteilungen der arabischen Regierungen die Hoffnung durch, dass die iranische Führung auf die Huthi einwirkt und sie dazu bringt, die Angriffe auf Israel und Schiffe in der Meeresstraße Bab al-Mandab zu beenden.
China drängt auf Verhandlungen
Unterstützung bekommen die arabischen Regierungen aus Peking. Die chinesische Regierung hatte Anfang 2022 bereits für eine Annäherung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran gesorgt, und auch dafür, dass sich die Huthi an den Verhandlungstisch setzten. Der Hintergrund: Peking versucht seit einigen Jahren im Nahen und Mittleren Osten an Einfluss zu gewinnen. Dies tut man, indem man vor allem der iranischen Regierung Investitionen in Infrastruktur und Wirtschaft verspricht. Gleichzeitig hat aber auch Peking ein großes Interesse daran, dass im Jemen Ruhe herrscht, denn ein Großteil des chinesischen Handels mit Europa wird über die Route durch den Suezkanal abgewickelt.
Doch den größten Keil zwischen Revolutionsgarden und Huthi könnte die iranische Öffentlichkeit treiben: Zwar gibt sich Außenminister Araghchi selbstbewusst und fest an der Seite der Organisation. Aber im Iran herrscht schon seit Monaten eine Debatte über die extrem teure Unterstützung der Revolutionsgarden für Hamas, Hisbollah, Huthi und andere. Zumal es der iranischen Bevölkerung an vielem fehlt.
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