Tote Migranten auf den Balearen

15 Wasserleichen wurden seit Januar an Stränden der beliebten Urlaubsregion entdeckt. Die lokalen Behörden befürchten, dass weitere folgen werden

Flüchtlingsboot am Strand von Mallorca (Symbolbild aus 2017).
Flüchtlingsboot am Strand von Mallorca (Symbolbild aus 2017).

Auf Mallorca, Menorca, Ibiza, Formentera und Cabrera läuft die Urlaubssaison an. Seit Januar wurden an den Stränden der Balearen aber auch 15 Wasserleichen entdeckt. Vermutlich stammen sie aus »Pateras« genannten Booten, die in Algerien in Richtung der Balearen gestartet und auf dem 300 Kilometer langen Seeweg im westlichen Mittelmeer gesunken sind. Unter anderem haben die Behörden im Februar ein Boot mit einer Gruppe somalischer Geflüchteter als vermisst registriert.

Mindestens fünf Leichname wurden in Mallorca angespült, sie trieben offenbar wochenlang im Meer. In der Nähe des »Ballermanns«, der am Samstag in die neue Saison startete, wurde der verweste Körper einer Frau im Wasser treibend entdeckt. Mitunter werden auch nur einzelne Körperteile wie etwa ein Bein geborgen. Die Identifikation gestaltet sich auch deshalb schwierig, da bei den Toten keine Ausweisdokumente gefunden werden und keine internationale Datenbank zu vermissten Migrant*innen existiert.

Hauptabfahrtsland auf dem Weg nach Europa ist mit über 90 Prozent für die meisten Geflüchteten derzeit Libyen. Aus Algerien legen nach EU-Schätzungen nur rund zwei Prozent der Boote ab. Die Funde belegen deshalb, dass diese Route aber äußerst tödlich ist.

Die Baleareninseln sind nach den Kanaren zum zweitgrößten Brennpunkt für Migration nach Spanien geworden. Laut offiziellen Angaben der Regierung erreichten 2024 mindestens 5846 Migranten an Bord von 347 Booten die Balearen – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Flüchtlingsorganisationen und die Internationale Organisation für Migration (IOM) gehen von einer höheren Dunkelziffer aus. Nach Angaben der UN-Organisation sind allein 2024 bereits 2600 Menschen bei der Überfahrt über das Mittelmeer ums Leben gekommen oder werden vermisst.

Ein Ende ist auch für die Balearen nicht in Sicht: Allein in den stürmischen Wintermonaten Januar bis März kamen bereits annähernd 1000 Migrant*innen auf den Ferieninseln an. Weitere Boote, die in den letzten Monaten Kurs auf Mallorca genommen hatten, werden zudem vermisst.

Am Freitag vergangener Woche hat das Netzwerk »Watch the Med – Alarm Phone«, das eine Hotline für Migrant*innen in Seenot betreibt, über ein weiteres vermisstes Boot mit 28 Menschen berichtet. Die Menschen seien fünf Tage zuvor von Algerien Richtung Balearische Inseln aufgebrochen. Die Organisation befürchtet ein weiteres Schiffsunglück und hat deshalb die spanischen und algerischen Seenotleitstellen alarmiert. Während die Angehörigen ohne Nachricht der Bootsinsassen seien und sich das Wetter verschlechterte, blieben die Behörden untätig, kritisieren die Aktivist*innen.

Auch die örtliche Polizei befürchtet, dass im April noch mehr Wasserleichen an den Balearen angespült werden. Dort werden in den Osterferien mehr als eine Million Tourist*innen erwartet, die allermeisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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