Generalshotel und Tuchfabrik verloren

2024 büßte Brandenburg 21 Denkmale ein und stellte gleichzeitig 82 Objekte unter Schutz

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Auch das sogenannte Generalshotel am Flughafen in Schönefeld wurde 2024 abgerissen.
Auch das sogenannte Generalshotel am Flughafen in Schönefeld wurde 2024 abgerissen.

Das Dach von Schloss Martinskirchen im Landkreis Elbe-Elster habe eigentlich als gesichert gegolten, berichtet am Montag Haiko Türk vom Brandenburger Landesdenkmalamt. Es habe sogar ein extra Unterdach gegeben, um eine barocke Stuckdecke von 1755 davor zu bewahren, was dann trotzdem geschah: Nach einem Sturm mit Regen im August 2024 stürzte die Decke teilweise ein. Es droht sogar noch mehr herunterzufallen. Das Stefano Torelli zugeschriebene Deckengemälde zeigt die Jagdgöttin Diana mit ihrem Gefolge in einem blauen Wolkenhimmel. Echte Wolken haben dem Ölgemälde nun arg zugesetzt. Für Haiko Türk zeigt diese Begebenheit, dass denkmalgeschützte Gebäude regelmäßig untersucht werden müssen, ob sie gegen Unbilden der Witterung noch zuverlässig geschützt sind.

Im neuen Brandenburger Denkmalreport 2024/25 ist Schloss Martinskirchen der erste geschilderte Fall im Kapitel »Bedrohungen und Verluste«. Hier mit aufgeführt ist auch die Tuchfabrik Levy in Spremberg (Spee-Neiße). Baumeister Richard Mittag hatte sie vor genau 100 Jahren für den Fabrikanten Ludwig Levy im Stil der neuen Sachlicheit entworfen und errichtet. 1944 diente die Fabrik kurz als Rüstungsbetrieb und nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1992 wieder als Textilwerk. Danach stand das denkmalgeschützte Gebäude lange leer und sollte zum Wohnhaus umgebaut werden. Doch daraus wurde wegen einer hohen Schadstoffbelastung nichts. Ende 2024 wurde die alte Fabrik abgerissen. »Es war ein sehr interessanter 20er-Jahre-Bau. Mit dem Verlust müssen wir umgehen«, bedauert Haiko Türk.

Genauso erging es fast zeitgleich dem sogenannten Generalshotel am Flughafen BER in Schönefeld, wo einst Staatsgäste der DDR abgefertigt wurden. Das Haus wurde gegen den Rat der Denkmalschützer abgerissen, um an seiner Stelle Maschinen der Regierungsstaffel abzustellen. Dieser Kulturfrevel machte Schlagzeilen – im Denkmalreport ist er hingegen unter den Verlusten nicht extra aufgeführt. Dafür wird geschildert, wie sich der Zustand von Schloss Mühlberg an der Elbe seit 2018 drastisch verschlechterte. Schäden am Dachstuhl und Risse im Mauerwerk gefährdeten bereits die Standsicherheit. Nun konnte in einer ersten Sicherungsmaßnahme der Westgiebel des Nordflügels durch Mauerwerksanker stabilisiert und ein Abbrechen des halben Giebels verhindert werden. Es sei aber noch viel mehr notwendig, heißt es.

21 Denkmale hat Brandenburg im vergangenen Jahr eingebüßt. Sie sind aus den Listen gelöscht. Neu eingetragen sind 82 Objekte, darunter der bei Groß Machnow im Kreis Teltow-Fläming gelegene Landsitz des Schriftstellers Peter Hacks (1928–2003). Verfallene Wirtschaftsgebäude einer alten Ziegelei waren einst zu Wohn- und Arbeitsräumen für Hacks und seine Frau umgebaut worden. Dazu gestaltete Hermann Göritz, einer der wichtigsten Gartenarchitekten der DDR, noch die Grünflächen. Alles zusammen steht seit dem vergangenen Jahr unter Schutz.

»Es war ein sehr interessanter 20er-Jahre-Bau. Mit dem Verlust müssen wir umgehen.«

Haiko Türk Denkmalschützer

82 Neueintragungen sind etwas weniger als in den Jahren zuvor, gesteht Christine Onnen vom Landesdenkmalamt. Nach ihrem Geschmack könnte noch einiges mehr geschützt werden. Da schlummerten noch etliche Schätze, sagt Onnen. Doch das vorhandene Personal muss die Inventarisierung erst einmal bewältigen. Es muss zum Beispiel auch fundiert darlegen, welche Objekte leider keinen Denkmalwert haben. Auf solche Einschätzungen kann es ankommen, wenn vor Gericht über einen geplanten Abriss gestritten wird.

Als Erfolg wird im Report die Restaurierung des Hochaltars von 1474 in der St. Katharinenkirche von Brandenburg/Havel genannt und beispielsweise auch die Instandsetzung eines Mausoleums auf dem Friedhof von Brieskow-Finkenheerd, das in den 1870er Jahren für die Holzhändlerfamilie Hesselbarth errichtet wurde.

In den vergangenen Jahren sei es in Brandenburg mit dem Denkmalschutz deutlich aufwärts gegangen, freut sich Landeskonservator Thomas Drachenberg. »Wir sehen derzeit keine Anzeichen, dass es anders werden könnte«, zeigt er sich zuversichtlich. Über Auswirkungen der Finanznöte des Bundeslandes auf sein Gebiet möchte Drachenberg nicht spekulieren. Am aktuellen Haushalt wird noch gezimmert. Es ist angesichts notwendiger Sparmaßnahmen keine leichte Arbeit.

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