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US-Präsident Trump: Feindbild Universität

Trump attackiert die Hochschulen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln

  • Daniel Loick
  • Lesedauer: 3 Min.
Demonstranten protestieren im New Yorker Washington Square Park unter dem Motto »Stand up for Science« gegen die Regierungspolitik.
Demonstranten protestieren im New Yorker Washington Square Park unter dem Motto »Stand up for Science« gegen die Regierungspolitik.

Zu den Feindbildern des konservativen Amerika gehören von jeher die Universitäten. Sie sind – neben dem Kultursektor – einer der wenigen verbleibenden Bereiche, an denen sich die rechte Hegemonie noch nicht vollständig durchgesetzt hat. Rechte Thinktanks haben daher den Kampf gegen die Hochschulen zur Priorität gemacht. Vizepräsident JD Vance (selbst ein Absolvent der Ivy-League-Uni Yale) hat bereits 2021 deklariert: Die Universitäten sind die Feinde. Solche Sprüche kommen bei der republikanischen Wählerschaft, die sich zum großen Teil aus Menschen ohne Hochschulabschluss zusammensetzt, gut an. Ihnen gelten die Unis als woke Elite-Anstalten, an die sie ihr hart erarbeitetes Geld abdrücken, nur damit ihre Kinder von Gender Studies und Critical Race Theory indoktriniert werden.

Obwohl viele der Universitäten privat sind, hat die Trump-Regierung viele verschiedene Mittel in der Hand, um die Zerschlagung des Hochschulwesens voranzutreiben. Die direkteste ist der Entzug von Fördermitteln: Allein in den letzten Wochen hat die Bundesregierung der Columbia University in New York 400, der Johns Hopkins in Baltimore 800 und der University of Pennsylvania in Philadelphia 175 Millionen Dollar gestrichen. Vorangegangen war bereits die Streichung aller Mittel für Programme, die einen Gleichstellungsaspekt enthalten, der Mittel für Geisteswissenschaften und Kunst sowie eines Großteils der Gelder für Gesundheitsforschung, die mit Entwicklungshilfe zusammenhängt.

Neben diesen finanziellen Attacken gibt es auch indirekte Strategien, mit denen Universitäten in die Knie gezwungen werden sollen. Dazu gehört vor allem die Visa-Vergabe: Viele Professor*innen sind keine amerikanischen Staatsbürger*innen und müssen damit rechnen, dass ihnen der Zugang zum Land verweigert wird. Aufmerksamkeit hat zuletzt der Fall von Rasha Alawieh erregt, eine Spezialistin für Leber-Transplantationen, die entgegen einem richterlichen Beschluss in den Libanon deportiert wurde. Ein ähnliches Schicksal droht vielen internationalen Studierenden, vor allem wenn sie politisch aktiv sind.

Daniel Loick

Daniel Loick ist Abolitionist und Associate Professor für Politische Philosophie an der Universität Amsterdam. Im Rahmen eines Auslandsaufenthalts schreibt er in seiner Kolumne »Aus dem faschistischen Amerika« alle zwei Wochen über den autoritären Alltag in den USA und Argentinien.

Begründet werden diese Attacken in der Regel mit ideologischen Talking Points: Die Columbia toleriere Antisemitismus und die UPenn trans Frauen im Sport. Aber die Maßnahmen treffen keineswegs nur die verhassten Geistes- und Sozialwissenschaften, sondern vor allem den medizinischen Bereich: Viele Wissenschaftler*innen schlagen Alarm, weil in kürzester Zeit Fortschritte im Bereich der Krebs-, Herzkrankheiten und Alzheimer-Forschung zunichtegemacht werden.

In den letzten Wochen habe ich mit Angehörigen vieler Unis gesprochen. Alle berichten Ähnliches: Panik macht sich unter den Mitarbeitenden breit, während die Uni-Leitungen in den Modus der Beschwichtigung oder sogar der Verteidigung verfallen. Dies ist ein administratives Mindset, das ich auch aus den Niederlanden kenne, wo ebenfalls eine rechte Regierung die Universitäten attackiert (wenn auch nicht in vergleichbarem Ausmaß). Selbst Leute, die in der kritischen Analyse sozialer Prozesse geschult sind, schalten angesichts von Anweisungen von oben auf das Managen des Mangels und eine egoistische Überlebensstrategie um. Die wenigsten scheinen verstanden haben, dass die gegenwärtigen Angriffe ein offensives und solidarisches Vorgehen erfordern – dass Wissenschaft nicht länger politisch neutral bleiben kann, wenn sie überleben will.

Auf vielen Demos sind zurzeit Schilder zu sehen, auf denen 20 konkrete Ratschläge geschrieben stehen, die der Historiker Timothy Snyder in einem aktuellen Buch über Tyrannei an Menschen erteilt, die in autoritären Regimen leben. Der erste lautet: Don’t obey in advance, kein vorauseilender Gehorsam. Uni-Präsident*innen können diese Schilder nicht lesen, denn auf Demos gehen sie nicht.

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