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Ratenzahlungen: Klarna-Kosmos

Essenslieferungen per Ratenzahlung: Den USA geht es nicht gut

Verdammt, die Champagner-Duschen werden immer teurer, ganz besonders in den USA.
Verdammt, die Champagner-Duschen werden immer teurer, ganz besonders in den USA.

Howdy aus Texas, liebe Lesende, was sind die deutlichsten Anzeichen dafür, dass wir uns in einer Rezession befinden? Außer den langweiligen Fakten, die wir zehnmal täglich in den Nachrichten zu hören bekommen, meine ich. Wirtschaftsexperten spekulieren ja, dass Männer in Zeiten von ökonomischen Flauten weniger Unterhosen kaufen (weil da keiner hinschaut?), Frauen dafür mehr Lippenstifte (damit sie jemand anderes anschaut!). Andere sehen in der Tatsache, dass man neuerdings Lieferessen bei Uber Eats oder Door Dash mit dem Zahlungsanbieter Klarna in Raten abbezahlen kann, den größten Indikator einer Finanzkrise. Die Gebühren für Essensbestellungen in den USA sind so radikal gestiegen, dass es vielleicht bald auf dem einen oder anderen Tinderprofil heißen wird: »Trage keine Unterhose, aber teile gern mit dir meine letzte Trüffelpizza.«

Talke talks

News aus Fernwest: Jana Talke lebt in Texas und schreibt über amerikanische und amerikanisierte Lebensart.

Denn seien wir mal ehrlich, die jüngste kaufkräftige Generation liebt Protz und Status. Besorgte GenZ-er fragen nun auf Social Media, wie wir Millennials die Wirtschaftskrise von 2008 überlebt hätten. Indem wir uns zum Schulabschluss keinen Hermès-Gürtel gönnten, beim Ausgehen keine VIP-Tische im Club reservierten und im Sommer keine teuren Hotels in Amalfi buchten vielleicht? Ich bin mir nicht sicher, wie die deutsche Generation Z so drauf ist – laut meinen Netzrecherchen ist aber auch sie luxusgeil –, hierzulande dreht die Jugend finanzmäßig dermaßen am Rad, als hätte sie kollektiv im Lotto gewonnen: Trinkt in Bars Old Fashioned, testet Kaviar auf ihren Socials und beteiligt sich am »Collagen-Banking«-Trend (die Visage stimulieren, um Kollagenverlust vorzubeugen, ab 40 soll es zu spät sein, ich habe also nur noch ein Jährchen).

Natürlich sind einige dieser Poser aus sehr wohlhabenden Familien, aber die meisten leben plump gesagt auf Pump. So nutzten stolze 60 Prozent der diesjährigen Coachella-Besucher (das ist ein trendy Festival in der kalifornischen Wüste) die Ratenzahlungsmethode für den Kauf ihrer Tickets. Der ebenso stolze Preis: 649 Dollar. Dafür kam Lady Gaga in die Wüste. »Also wir hatten noch Wacken«, dachte ich genervt, schaute dann auf die Website des teutonischen Festivals und verzog mein kollagenarmes Gesicht: Ein Wacken-Ticket ist mittlerweile auch schon bei 333 Ocken. Dafür kommen Guns N’Roses nach Schleswig-Holstein.

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Ich will ja nicht wie eine alte Karen klingen – also eine ständig meckernde rechthaberische Frau mittleren Alters mit »keckem« Kurzhaarschnitt (was ist da eigentlich das deutsche Äquivalent?) –, aber wir sollten alle wieder lernen zu sparen. Als 2008 die letzte große Finanzkrise über uns hereinbrach, wurden Luxusgüter verschmäht, die globalen Umsätze von Champagner brachen ein. Und mit den uns in den USA drohenden Tariferhöhungen um 200 Prozent auf europäische Drinks scheint der Champagner den meisten bald unerreichbar. Wenn es nur noch Krimsekt bei uns geben sollte, besteht vielleicht sogar die Hoffnung, dass ich mit dem Alkohol breche. Das wäre nicht nur sparsam, sondern auch gut für meine Kollagenbildung.

Und bleiben wir beim Perlwein: Ein namhaftes Champagnerhaus war jahrelang Partner der Dallas Art Fair und schenkte großzügig allen zu den Pressevorschauen Geladenen gratis ein, auch mir. Dieses Jahr gab es nur bitteren Sekt. »Skandal! Der Champagner ist weg, die Wirtschaftskrise ist hier«, zischte ich. »Entspann dich«, sagte ein Journalistenkollege, »die haben jetzt statt Champagner eine ganze Gratisbar, mit Wein, Tequila und Wodka.« Dem Kunsthandel scheint es also noch gutzugehen. Und auch andere Superreiche müssen den Gürtel nicht enger schnallen, schicken gar ihre Verlobten für elf Minuten zum Kichern mit den Mädels ins All.

Die öffentliche Reaktion auf die neueste Weltraummission vergangenen Montag fiel sehr negativ aus, die Amerikaner sahen darin eine alberne Verschwendung statt eines feministischen Akts. Vielleicht weil nur eine Frau aus dem Sextett Astronautin ist und Popstar Katy Perry mit Bemerkungen wie »we are going to put the ass in astronaut« (also Arsch in der Hose, aber nicht im mutigen, sondern im aufreizenden Sinne) unangenehm auffiel. Keine Ahnung ob und wie viel sie für diese Weltraumfahrt zahlen musste, aber die Ausgaben wären schnell mit einem Coachella-Auftritt wieder eingenommen. Die verschuldeten Zuschauer kommen bestimmt.

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