USA unter Trump: Auf dem Weg in die Diktatur

Die zweite Regierung Donald Trumps missachtet elementare Grundrechte und untergräbt damit bewusst die Stützpfeiler der US-Verfassung

Der demokratische SenatorChris Van Hollen besuchte den zu Unrecht eingesperrten Kilmar Abrego Garcia in El Salvador. Vorher gab es über Wochen kein Lebenszeichen von ihm.
Der demokratische SenatorChris Van Hollen besuchte den zu Unrecht eingesperrten Kilmar Abrego Garcia in El Salvador. Vorher gab es über Wochen kein Lebenszeichen von ihm.

Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft hatte die Demokratin Kamala Harris die Frage, ob sie Donald Trump für einen Faschisten halte, mit »Ja, das tue ich« beantwortet. Obwohl damals noch vor erodierenden Freiheitsrechten nur gewarnt wurde, dies jetzt aber tatsächlich umgesetzt wird, ist kaum jemand noch so mutig. Jener Angriff hatte Harris vor einem knappen halben Jahr auch nicht zum Sieg verholfen. Warum also die Debatte noch einmal führen?

Egal, wie man es benennt: Die USA, die sich über Jahrzehnte als Signalfeuer der individuellen Freiheiten aller inszenierten, bewegen sich unter Trump geradewegs in Richtung diktatorischer Verhältnisse. Gleich mehrere Grundpfeiler der US-Verfassung werden bewusst untergraben. So wurde die türkische Doktorandin Rümeysa Öztürk von der Einwanderungsbehörde festgenommen, weil sie angeblich die Terrororganisation Hamas unterstütze. Daher sei ihr das Studentinnen-Visum entzogen worden. Der Vorwurf basiert jedoch allein auf einem von Öztürk mitverfassten Artikel einer Studentenzeitung vom März 2024, in dem Israel ein Genozid bescheinigt wurde und daher die Leitung der Tufts University aufgefordert wurde, »sich von Unternehmen mit Verbindungen zu Israel zu trennen«. In einem Land, in dem die Redefreiheit sogar Huldigungen des Nationalsozialismus umfasst, ist das plötzlich zu viel des Schlechten.

Einschüchterung per Terrorvorwurf

Auch die Versammlungsfreiheit ist bedroht. Im Zuge der von Elon Musk initiierten Kürzungswellen im öffentlichen Dienst protestierten Menschen auch vor Tesla-Autohäusern. Einige Demonstranten steckten dabei Autos in Brand, was FBI-Direktor Kash Patel und Generalstaatsanwältin Pam Bondi als »Terrorakte« bezeichneten. Eine Einschüchterungstaktik, schließlich könnten unbeteiligte Mitdemonstranten bei diesem Vorwurf schnell zu Terrorunterstützern werden.

Für die größten Schlagzeilen sorgte jedoch das von der Regierung beschnittene Recht auf eine Anhörung vor Gericht: Hunderte Männer wurden ohne Vorwarnung verhaftet und abgeschoben, ohne die Gelegenheit, sich gegen den Vorwurf zu wehren, dass sie Teil der Gang Tren de Aragua und damit, wie von Trump erklärt, von Venezuela unterstützte Terroristen seien. Selbst der Oberste Gerichtshof hat diese Missachtung der Habeas-corpus-Rechte als Verfassungsbruch mittlerweile verurteilt.

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Besonderes Aufsehen hat der Fall von Kilmar Abrego Garcia erregt, der wie viele andere Männer in ein Horrorgefängnis in El Salvador verfrachtet wurden. Der dortige Diktator Nayib Bukele lässt sich das mit mehreren Millionen Dollar pro Jahr aus der US-Staatskasse bezahlen. Dem 29-jährigen Abrego Garcia war jedoch richterlich bestätigt worden, dass er nie in seine Heimat El Salvador abgeschoben werden dürfe, weil er dort selbst in seiner Jugend Opfer von Bandengewalt gewesen war. Obwohl die Staatsanwälte Trumps vor Gericht sogar einen Fehler einräumten, sträubt sich die Regierung, die höchstrichterliche Anweisung umzusetzen, Abrego Garcia wieder in die USA zurückzuholen.

Streit unter Demokraten

Abgeordnete der Demokraten haben sich mittlerweile mit Öztürk und sogar mit Abrego Garcia in El Salvador getroffen und ihnen ihre Unterstützung zugesagt. Andere Parteikollegen warnen jedoch davor, hier in eine Falle der Konservativen zu tappen: »Das ist genau die Debatte, die sie führen wollen, denn sie wollen keine Debatte über die Zölle«, argumentierte etwa Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, der längst seine Präsidentschaftskandidatur 2028 vorbereitet.

Dem widersprach Dan Pfeiffer in seinem Podcast »Pod Save America« vehement. Der ehemalige Kommunikationschef von Barack Obama sagte: »Natürlich verliert Trump schneller an Zustimmung, wenn die Wirtschaft absackt. Zölle, Inflation, fallende Börsenkurse, Einschnitte an der Krankenversicherung, das bekommen die Leute auch ohne uns mit. Doch wenn unsere Antwort darauf, dass ein Familienvater in ein ausländisches Gulag abgeschoben wurde, nur umfragengesteuerte Argumente über Zölle sind, wer sind wir dann überhaupt? Wofür stehen wir noch?« Man könne sich die Kämpfe nicht immer aussuchen. Der für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sei einfach »zu wichtig, daher müssen wir ihn annehmen«.

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