Mit Kascha und Kampfjets

Große Militärparade begeisterte Moskauer am Tag des Sieges

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gab Kascha – Graupengrütze – und dicke Erbssuppe aus der Gulaschkanone. Tänzerinnen in Crêpe-de-Chine-Kleidern wiegten sich zu den Klängen des Offizierswalzers und anderer Melodien aus dem Großen Vaterländischen Krieg, dargeboten von einer Blaskapelle, die in historischen Uniformen von 1945 auftrat. »Sad Eremitage« – ein Restaurant in der Nähe des Zwetnoj-Boulevards – hatte zum »Ball der Veteranen« eingeladen und jene Atmosphäre wiederauferstehen lassen, mit der Moskau vor 63 Jahren den Sieg über Hitlerdeutschland feierte. Der Eintritt war frei. In Moskau, der inzwischen teuersten Stadt der Welt, eine Sensation.

Zuvor hatten noch lebende Kriegsteilnehmer aus allen ehemaligen Unionsrepubliken an der Fontäne vor dem Bolschoi – ihrem alljährlichen Treffpunkt – Erinnerungen ausgetauscht. Es gab Volksfeste in allen Stadtbezirken und am Abend den großen Salut und ein Feuerwerk im Park des Sieges nahe dem Kutusow-Prospekt. Absoluter Höhepunkt der Feierlichkeiten indes war die große Militärparade. Über 8000 Soldaten und erstmals seit dem 50. Jahrestag des Sieges auch wieder Technik zogen an den Ehrentribünen vorbei, die über dem Lenin-Mausoleum auf dem Roten Platz errichtet worden waren.

Den Anfang machte ein Fanfarenzug der Kadetten aus dem Suworow-Institut. Ihnen folgte ein Garde-Bataillon in historischen Uniformen aus dem Großen Vaterländischen Krieg mit dem Banner, das Rotarmisten auf dem Berliner Reichstag gehisst hatten. Marineinfanterie und Luftlandetruppen, die sich anschlossen, zeigten erstmals die neuen Uniformen.

Neben Panzern, Granat- und Raketenwerfern konnten auch Interkontinentalraketen des Typs Iskander und die mobilen Topol-M bestaunt werden. Sie sind in der Lage, Kernsprengköpfe auf bis zu 10 000 Kilometer entfernte Ziele abzufeuern und für die gegnerische Abwehr unerreichbar. Zum Abschluss der Parade brausten Kampfjets der Luftwaffe in nur dreihundert Metern Höhe über den Roten Platz Absolutes Highlight: Das Betanken in der Luft.

»Unsere Flotte und unsere Armee«, erklärte der neue Präsident Dmitri Medwedjew, »sind wieder erstarkt und mit ihnen ganz Russland.« Die Lehren des Zweiten Weltkriegs dürfe man dennoch nicht vergessen. Vielmehr müsse alles getan werden, damit sich derartige Tragödien nicht wiederholen. Die Geschichte, so Medwedjew, zeige, dass bewaffnete Konflikte nicht von selbst entstehen, sondern gezündet werden und »unverantwortliche Ambitionen über die Interessen von Millionen Menschen, von Staaten und ganzen Erdteilen triumphieren«. Ausdrücklich warnte er vor Versuchen, bestehende Grenzen zu revidieren und das Völkerrecht mit Füßen zu treten. Ohne dessen Normen seien Sicherheit und eine gerechte Weltordnung nicht möglich. Dafür habe die Weltgemeinschaft große Opfer gebracht.

Die Parade war Medwedjews erster öffentlicher Auftritt als Präsident und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Links neben ihm auf der Tribüne stand Senatspräsident Sergej Mironow, die Nummer drei der Hierarchie, rechts die Nummer zwei: Wladimir Putin, den die Duma am Vortag als Premier bestätigt hatte. Ob Verteidigungsminister Anatolij Serdjukow, der die Parade abnahm, und andere Kabinettsmitglieder bleiben, dürfte sich bereits am Montag entscheiden.

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