Die Tücke der Frische
Salatblätter sind nicht selten mit Krankheitskeimen belastet
Das Nationale Zentrum für Infektionskrankheiten in den USA registrierte allein in den Jahren 1973 bis 1997 über 16 000 Erkrankungsfälle durch den Verzehr von rohem Obst, Gemüse oder deren Säften – mit steigender Tendenz. Besonders brisant: Die dokumentierten Fälle dürften nur einen Bruchteil der tatsächlichen Erkrankungszahl widerspiegeln. Denn die meisten Menschen suchen bei einer Lebensmittelinfektion keinen Arzt auf, sondern behandeln sich selbst.
Massenerkrankungen durch frische Pflanzenkost sind auch aus Europa bekannt. In Finnland sehen Wissenschaftler mittlerweile im Verzehr von Karotten eine wichtige Ursache für die regelmäßigen Yersinien-Ausbrüche in Kindergärten und Schulen. Die Experten hatten im Rahmen einer breit angelegten Studie entdeckt, dass der Verzehr des rohen Gemüses dosisabhängig das Risiko einer Infektion mit Yersinia pseudotuberculosis erhöht. Der Erreger kann heftige Bauchschmerzen, Fieber und immunologische Komplikationen verursachen. Inzwischen gilt auch Salat als Auslöser von Yersinien-Infektionen.
Dass Salat ein beträchtliches Gesundheitsrisiko birgt, ist keine neue Erkenntnis. Im Jahr 2002 konnten US-Forscher nachweisen, dass die Pflanze Krankheitserreger wie EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia Coli) aus dem Dünger über die Wurzeln aufnimmt und diese bis ins Salatblatt transportiert. Damit lässt sich das Bakterium weder durch Waschen noch durch Desinfektionsmittel entfernen. Hinzu kommt, dass eine Vakuumkühlung das Eindringen von EHEC ins Salatblatt fördert – anscheinend wird das Pflanzengewebe dabei durchlässiger für Mikroorganismen. Für eine Infektion reichen bereits weniger als 100 EHEC-Keime aus. Als es in den US-Bundesstaaten Connecticut und Illinois im Jahre 1996 zu gehäuften EHEC-Erkrankungen kam, entpuppte sich schon bald Salat als Ursache. Betroffen waren 61 Personen, von denen 21 im Krankenhaus landeten.
Doch frischer Salat hat noch mehr zu bieten. Er kann beispielsweise Salmonellen aufweisen – also gerade jene Keime, die bekanntermaßen über den Verzehr von Hähnchen, Eiern oder Hackfleisch in Krankenhäusern und Altersheimen immer wieder zu Todesfällen führen. Wissenschaftler fanden jüngst heraus, dass sich Salmonellen genauso wie EHEC bevorzugt auf jungen (inneren) Salatblättern vermehren. Dort befinden sich rund zehnmal mehr Keime als auf mittleren Blättern. Insofern sind die beliebten Salatherzen hygienisch riskanter als die üblicherweise weggeworfenen äußeren Blätter.
Häufiger anzutreffen sind Salmonellen auch auf Melonen, Tomaten und Sprossen. Eine aktuelle Bestätigung kommt aus 33 Bundesstaaten der USA, wo sich von April bis Juni dieses Jahres über 600 Menschen eine Salmonelleninfektion durch Tomaten zuzogen. Knapp 70 Personen mussten ins Krankenhaus. Die Gesundheitsbehörden führen die Ausbrüche auf eine bessere Erfassung der Erkrankungsfälle zurück.
Wenn sich auf frischer Pflanzenkost unliebsame Bakterien tummeln, dann ist das weder ungewöhnlich noch ein Zufall. Verantwortlich dafür ist häufig der Einsatz von »Naturdünger« wie Gülle, die natürlich zahlreiche Fäkalkeime enthält. Verschärft wird das Problem dadurch, dass Erreger wie Salmonellen über viele Monate im Dünger bzw. im gedüngten Boden überleben können. Insofern sollte vor allem biologisch angebautes Gemüse gründlich gewaschen, geschält oder gekocht werden.
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