Michael Phelps staunt noch immer

Nach dem Fabelrennen zum WM-Titel sieht sich Paul Biedermann Zweifeln ausgesetzt

  • Richard Janssen und Marc Zeilhofer (dpa), Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Es schien, als hätte Weltmeister und Weltrekordler Paul Biedermann nur auf diese Frage gewartet. Ohne Zögern begegnete er dem Misstrauen nach seiner Steigerung über 400 Meter Freistil um unglaubliche 6,6 Sekunden. Die Antwort auf die im Raum stehende Doping-Frage kam mit ernster Miene und festem Blick. »Natürlich muss ich mir solche Vorwürfe gefallen lassen. Aber ich bin absolut sauber«, sagte der 22-Jährige, nachdem er auf seiner Nebenstrecke den sieben Jahre alten Weltrekord von Schwimm-Legende Ian Thorpe verbessert hatte. »Ich hatte bestimmt 20 Kontrollen in diesem Jahr«, erklärte Biedermann, wohl wissend, dass diese Leistungssteigerung zu unglaublich war, um nicht angezweifelt zu werden.

Superstar Michael Phelps, dessen Duell mit Biedermann auf den 200 Metern die Schwimmwelt mit Spannung erwartet, war auch am Tag nach dem Weltrekord noch baff. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass dieser 400-Meter-Rekord gebrochen wurde, er war der beste Rekord. Normalerweise sieht man im postolympischen Jahr nicht diese Leistungen, aber irgendwie kommen sie zustande«, sagte er, erwähnte aber nicht, dass auch er in diesem Jahr schon einen Weltrekord verbessert hatte. »Ich weiß nicht, wie sie das machen«, fügte Phelps mit einem Schmunzeln hinzu.

Auch Paul Biedermann konnte mit einer Erklärung nur teilweise weiterhelfen. »Der neue Anzug hat bestimmt zwei Sekunden geholfen«, sagte er zum Material seines Ausrüsters. Als erklärter Kritiker des Wettrüstens hatte er bis vor vier Wochen ein fast schon altertümliches Vorjahresmodell geschwommen und sich erst kurz vor der WM für das neue entschieden.

Wegen des Epstein-Barr-Virus' hatte Biedermann zu Jahresbeginn knapp sechs Wochen mit dem Training aussetzen müssen, mehrere hunderte Kilometer fehlten – eigentlich auf der Mittelstrecke kaum aufzuholen. »Vielleicht hab ich genau diese Pause gebraucht«, sagte er und dankte seinem Coach Frank Embacher.

Bis zur 300-Meter-Marke war Biedermann deutlich langsamer als bei seinem Europarekord des Vorlaufs – doch auf der Schlussbahn ließ er die Konkurrenz um den tunesischen 1500-Meter-Olympiasieger Oussama Mellouli förmlich stehen. »Eigentlich wollte ich schneller angehen, aber ich bin ein Typ, der sich festbeißen kann. Die letzten 50 Meter waren meine«, sagte er rückblickend. Diese Sprint-Qualitäten hat Biedermann in Halle/Saale trotz einer sanierungswürdigen Umgebung gelernt. »Ich trainiere mit Startblöcken von vor 40 Jahren.«

»Ich bin so stolz auf Paul, er hat es uns vorgemacht. Wir sind so euphorisiert gewesen«, meinte Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen, die als Startschwimmerin der Silberstaffel über 4 x 100 m ihren eigenen Weltrekord auch brechen konnte. Insgesamt fielen am ersten Tag der Beckenwettbewerbe sechs Weltbestmarken.

Am Morgen danach war Biedermann trotz einer Feier ob der vielen Siegerpflichten ein wenig platt: »Ich wusste nicht, dass Gewinnen so stressig sein kann. Die Siegesfeier fiel kurz aus, schließlich standen Vorläufe über die 200 Meter Freistil an. Und wieder zog Biedermann als Vorlaufschnellster ins Halbfinale ein, sogar vor Phelps.

Das deutsche Team überstand die Vorläufe mit nur einem Ausfall. Helge Meeuw (Frankfurt) und Daniela Samulski (Essen) zogen locker in die Halbfinals über 100 Meter Rücken ein. Samulski verfehlte dabei den sechs Jahre alten deutschen Rekord von Antje Buschschulte um 1/100 Sekunde. Caroline Ruhnau (Essen) und Sarah Poewe (Wuppertal) qualifizierten sich für die Vorschlussrunde über 100 Meter Brust. Isabelle Härle (Heidelberg) schied als 18. im Vorlauf über 1500 Meter Freistil aus.

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