Kärcher-Politik
Mag sein, es war ein Unfall. Mag sein, die Polizisten im Pariser Vorort Bagnolet hatten es tatsächlich nur auf Verkehrssünder abgesehen. Mag sein, der Pizzabote war in Eile und hat nur deshalb nicht bei der Kontrolle gestoppt. Tatsache aber ist, dass erneut ein Jugendlicher auf der Flucht vor der Polizei ums Leben kam und damit Krawalle in der Pariser banlieue, dem Armutsgürtel um die französische Hauptstadt, auslöste.
Offensichtlich ist in den Vororten die – im wahrsten Sinne des Wortes – Todesangst vor der Polizei sehr real. Denn nach wie vor sind es vor allem die Sicherheitskräfte, die mit ihren Mitteln die Problemgebiete »befrieden« sollen. Mit verschärftem Vorgehen gerade gegen Jugendliche aus Migrantenfamilien und in der banlieue, wie eine erst in der vergangenen Woche vorgestellte Studie belegt. Der vom früheren Innenminister Nicolas Sarkozy nach seiner Wahl zum Staatschef groß angekündigte Plan zur Beseitigung der sozialen Wurzeln der Frustration wurde kleinlaut zu einem mickrig ausgestatteten Hilfspaket eingedampft, die zuständige Staatssekretärin praktisch kaltgestellt.
Dass es zu landesweiten Unruhen wie im Spätherbst 2005 nach dem Tod zweier Jugendlicher in Paris kommen wird, ist jedoch kaum anzunehmen. Nicht zuletzt, weil sich Sarkozy nicht mehr als öffentliches Feindbild präsentiert. Der Präsident poltert nur noch selten, und schon gar nicht mehr droht er damit, die banlieue mit dem Hochdruckreiniger von »Gesindel« und »Abschaum« zu befreien. Seine Ausgrenzungspolitik setzt er freilich fort, auch ohne den Kärcher zu erwähnen.
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