Der Finger auf Moskau

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 1 Min.

Am Mittwoch wurde Inguschetiens Bauminister Ruslan Amerchanow an seinem Schreibtisch von Unbekannten erschossen. Der Präsident der Republik, Junus-Bek Jewkurow, war am 22. Juni selbst Opfer eines Anschlags geworden, überlebte jedoch schwer verletzt. Kurz zuvor war Dagestans Innenminister Adilgerei Magomedtagirow ermordet worden.

Erschossen wurde auch die Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa am 15. Juli. Sarema Sadulajewa, die Leiterin einer tschetschenischen Kinderhilfsorganisation, und deren Mann wurden am Dienstag ermordet aufgefunden. Sie alle, und viele Menschen mehr im russischen Nordkaukasus, sind Opfer abscheulicher Verbrechen geworden, die strenge Verurteilung verdienen. Doch nur in bestimmten Fällen zeigt man hierzulande mit dem Finger auf Moskau, fordert »schonungslose« Aufklärung und rasche Festnahme von Tätern und Drahtziehern, beklagt unzureichenden Schutz der Opfer, unterstellt »dem Kreml« Mangel an Mitgefühl, wenn nicht gar Begünstigung von Morden oder heimliche Mittäterschaft.

Tatsächlich zeigen die Ereignisse, dass Russland im Nordkaukasus ein Problem hat. Zwar wurde die »antiterroristische Operation« in Tschetschenien offiziell für beendet erklärt, doch »im Griff« hat Moskau die Lage in der Region ganz und gar nicht. Grund zum Nachdenken über die Nordkaukasus-Politik gibt es im Kreml und Moskaus Weißem Haus also sehr wohl. Unterstellungen sind aber keine Denkhilfe.

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