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Auf Honeckers mintgrünen Spuren

Ehemaliges Jagdschloss Hubertusstock steht wieder offen für regulären Hotelbetrieb

  • Katrin Lechler
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Honecker-Suite: »Der hat ja gewohnt wie wir.«
Die Honecker-Suite: »Der hat ja gewohnt wie wir.«

Seit kurzem gibt es im Jagdschloss Hubertusstock in der Schorfheide wieder Hotel- und Restaurantbetrieb. Jahrelang konnten in dem einstigen Gästehaus der DDR am Werbellinsee nur geschlossene Gesellschaften absteigen. Besonderer Service des Hauses: Eine Nacht in Honeckers Schlafzimmer. Doch die Touristenströme bleiben aus, da das Areal von einer Bauruine verschandelt wird.

Hubertusstock hat das Zeug zur Pilgerstätte für Ostalgiker. Das Eingangstor mit dem Wachhäuschen und der Schranke ist seit der Wende nicht umgebaut worden. Auch die Betonplatten vor dem Eingang und die Türen aus Glas und Aluminiumrahmen versprühen den herben Charme der 70er Jahre. Damals ließ Honecker, gerade DDR-Staatschef geworden, das 150 Jahre alte Jagdschloss umbauen. Aus dem Kaisersaal wurde der Konferenzraum, aus dem Kartoffelkeller der Kaminkeller. Neben dem Schloss entstanden vier Gästehäuser, außerdem eine Schwimmhalle, Sauna, Kegelbahn und Schießkeller. Mit Wasserwerk und Heizhaus war Hubertusstock völlig autark.

Hier erholte sich Erich Honecker bei der Jagd und mit ihm viele internationale Gäste: darunter der bayrische Ministerpräsident Franz-Joseph Strauss, Fidel Castros Bruder Raoul, der polnische General Wojciech Jaruzelski und KPdSU-Parteichef Leonid Breschnew. Doch richtig bekannt wurde das Haus erst mit dem Besuch des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt im Jahr 1981. Damals waren die Abrüstungsgespräche der Großmächte im Kalten Krieg gerade gescheitert, gleichzeitig sorgen die Streiks der polnischen Solidarnosc für Unruhe in den Ostblockstaaten. Doch Helmut Schmidts Botschaft nach dem dreitägigen Treffen war Annäherung und Verständigung zwischen den beiden deutschen Staaten. Er ließ sich mit Honecker auf einem grüngesteppten Sofa fotografieren, das heute im Foyer des Hotels steht. Von hier aus führt eine Wendeltreppe in den zweiten Stock zu Honeckers Schlafzimmer. »Das sind Einbaumöbel aus Hellerau, die auch die Bevölkerung in Plattenbauten hatte«, sagt Christiane Bonin, Hotelmitarbeiterin seit den 90er Jahren: Mintgrün das Bett und die Schränke, vor dem dunkelgrünen Sessel steht ein RFT-Fernseher Staßfurt.

»›Der hat ja gewohnt wie wir‹, wundern sich die Gäste oft«, erzählt Hotelmanager Christoph Nuppenau. Er will den Betrieb »auf andere Füße stellen«: Hubertusstock soll Fahrradtouristen, Familien und die »Generation 50 plus« anziehen. »Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir mit dem Standesamt zusammenarbeiten und hier Trauungen anbieten.«

Kleines Manko ist jedoch die Bauruine etwa 20 Meter neben dem historischen Jagdschloss. 1996 hat die Savoy-Hotelgruppe, heute Samuel-Braun-Group, hier mit dem Bau eines mehrstöckigen Hotels begonnen, unterstützt von brandenburgischen Fördergeldern in Millionenhöhe. Seit Ende der 90er Jahre tut sich nichts mehr.

»Wir sind ziemlich verärgert«, sagt Carsten Bockhardt, Wirtschaftsdezernent im Amt Barnim. »Wir haben uns weit hinausgelehnt, was die Genehmigung des Hotelbaus im Biosphärenreservat Schorfheide angeht.« Doch abgerissen werden könne die Ruine erst dann, wenn sie einzustürzen drohe.

Auch für Peter Stoye vom benachbarten Tagungszentrum der Wirtschaft für Berlin und Brandenburg (bbw) ist die Ruine »ein großes Ärgernis«, so der Geschäftsführer. »Die Gäste machen uns auf den störenden Anblick aufmerksam.« Die Schuld an der Misere trage das Land Brandenburg, so Stoye: »Das Land hat einen Erbbaurechtvertrag mit dem Investor abgeschlossen, in dem keinerlei Sanktionen vorgesehen sind. Dabei sind weder Hotel noch Arbeitsplätze entstanden.« Stattdessen sei das Grundstück nun mit zehn Millionen Euro belastet – mehr als es eigentlich wert sei. Laut Stoye hat das Verwaltungsgericht Potsdam verfügt, dass die rund fünf Millionen Euro Fördergelder zurückgezahlt werden sollen. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) will sich nicht zu dem laufenden Verfahren äußern. Auch der Geschäftsführer der Samual-Brown-Gruppe, die in Berlin vier Hotels führt, Roman Skoblo, war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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