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Auslagerungen
Mehrere Ministerien und Regierungsvereinigungen sind in die Kritik geraten, weil das Erstellen von Gesetzen an externe Juristen ausgelagert wurde. Ob Juristen dafür die geeigneten Dienstleister sind, ist besonders fragwürdig, weil das Machen von Gesetzen in der juristischen Ausbildung gar nicht vorkommt. Studenten werden mit Subsumieren, dem Einordnen eines Geschehens unter die allgemeine Norm, behelligt, jedoch nicht darin geschult, Gesetze zu formulieren.
In der Berufspraxis ist der Umgang mit Gesetzen den meisten Anwälten vertraut, allerdings kommt es mehr darauf an, sie zu umgehen oder auf eine günstige Art auszulegen, wobei es von der Partei abhängt, was günstig ist. Für die andere Partei ist das Gegenteil günstig. Hier überschneidet sich das Berufsbild der Organe der Rechtspflege mit dem der Politik.
Aus Gründen der Gewaltenteilung kann man das Gesetzemachen nicht etwa an Richter übertragen, die zwar zur Unabhängigkeit gehalten sind, aber als rechtsprechende Gewalt von der gesetzgebenden getrennt agieren müssen.
Auch das Parlament ist wenig geeignet, um die Gesetze dorthin auszulagern. Wer einmal in irgendeinem Gremium tätig gewesen ist, weiß, dass die Gremienarbeit solange zu keinem Ergebnis kommt, bis die Entscheidung irgendwo anders hin verbracht wird.
Bevor man unterstellt, die Anwälte erarbeiten die Gesetze so, dass ihr Stand genug zu tun hat, was ja eine schöne bis beispielgebende Art der Arbeitsselbstbeschaffung wäre, ist klarzustellen, dass bislang nur die Formulierung externalisiert wurde, nicht die politische Willensbildung. Schade, denn das Gesetzgebungsverfahren ist zwar demokratisch legitimiert, die Auslegung wird letztlich aber doch wieder Anwälten und Gerichten überlassen. Hier könnte man mit der Verschlankung des Staatsapparates Ernst machen, etwa indem man die Anwaltskanzleien nicht bezahlt, sondern dafür bezahlen lässt, dass sie die Gesetze unter sich ausmachen und dem Bundespräsidenten zur Verkündung vorlegen.
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