Stimmung wie noch nie
Ob bei Usain Bolt, Clemens Prokop oder Jürgen Mallow: Vor dem WM-Finalwochenende herrscht allerorts Zufriedenheit
Wie sollte er auch anders: Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), zeigt sich vor dem abschließenden Wochenende der 12. Leichtathletik-WM begeistert. So eine Stimmung habe er bisher bei keiner WM erlebt. »Berlin hat die WM angenommen, und die Leichtathletik fühlt sich wohl hier.« Nun ist vom Co-Präsidenten des Organisationskomitees kaum heftige Kritik zu erwarten, dennoch ist Prokop grundsätzlich nicht zu widersprechen: So kamen am sechsten Wettkampftag fast 60 000 ins Stadion, alle Athleten schwärmen trotz leerer Ränge an anderen Tagen vom Berliner Publikum und im Fernsehen sahen sich mehr als acht Millionen Deutschean, wie Hochspringerin Ariane Friedrich um Gold kämpfte.
Und natürlich hatten sie Usain Bolt sehen wollen, der mit seinem zweiten Weltrekord verblüffte: 19,19 Sekunden über 200 Meter. Da standen den Berlinern die Münder offen. Vor Begeisterung und auch vor Ungläubigkeit. Es darf weiter gerätselt werden: Woher nimmt der Jamaikaner, der gestern 23 Jahre alt wurde, die Kraft, die halbe Stadionrunde derart rasend zu durchkurven? Nur drei Hundertstel langsamer als zweimal 9,58 Sekunden? Für die Sprintstaffel am Sonntag hat er, wie sollte es anders sein, einen Weltrekord angekündigt: »Ich bin bereit, ich hoffe, meine Kollegen sind es auch.« Ja, und außerdem werde er sich in Zukunft mal der 400-Meter-Strecke widmen – mangels Konkurrenz auf den kurzen Sprintstrecken ein nachvollziehbares Ansinnen.
Je Zweimal Gold, Silber und Bronze – Jürgen Mallow, Sportdirektor des DLV, konnte gestern Vormittag im DLV-Quartier am Kudamm gut gelaunt sein Vorschlussfazit ziehen. Nach Silber im Siebenkampf sowie zwei Titeln und je einmal Silber und Bronze in den Wurfdisziplinen – letztere von Athleten erzielt erzielt, die ihren Sport auf Kinder- und Jugendsportschulen der DDR erlernten – hatte das Volk der Werfer und Stoßer durch Ariane Friedrich nun auch seine erste Springermedaille gewonnen. Der Neuaufbau der Mannschaft sei in hohem Maße gelungen, strahlte Mallow: »Wir haben hohes Potenzial.«
Dass Leute wie der Ex-Mittelstreckler Thomas Wessinghage (57) vorschlug, fortan auf »langweilige Disziplinen« zu verzichten (Läufer Wessinghage zählt dazu das Werfen), ärgert Mallow. Leichtathletik bleibe nach dem Verständnis des DLV eine Grundsportart, die aus Werfen, Springen und Laufen besteht, meinte Mallow. Daran sei überhaupt nicht zu rütteln. Schon nach dem Speerwurf hatte sich Mallow vor die Werfer gestellt: »Vielleicht haben wir keine Stars oder was man darunter versteht, aber wir haben Siegertypen.«
Auf der blauen Bahn des Olympiastadions hat der DLV vor dem Start der Staffeln dagegen keine Siegertypen aufzubieten gehabt: Allein die Potsdamer Hindernisläuferin Antje Möldner hat bei dieser WM den Endlauf erreicht. Am Wochenende mit seinen 15 Entscheidungen liegt die größte Hoffnung auf Titelverteidigerin Betty Heidler – sie ist Hammerwerferin.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.