Das Verliererimage abgestreift
Deutsche Leichtathleten mit neun Medaillen so gut wie seit 1999 nicht mehr
Die deutsche Mannschaft habe sich bei diesen Weltmeisterschaften erfolgreich behauptet, zog Dr. Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), ein positives Fazit am WM-Schlusstag in Berlin. Es sei gelungen, die Öffentlichkeit wieder für die olympische Kernsportart zu begeistern. »Die WM gibt der deutschen Leichtathletik Selbstbewusstsein und Mut für die Zukunft«, so Prokop.
Mit neun Medaillen wurde nach dem absoluten olympischen Tiefpunkt 2008 in Peking mit nur einer Bronzemedaille das beste Abschneiden seit den Weltmeisterschaften 1999 in Sevilla (12 Medaillen) erreicht. Übertroffen wurden die Titelkämpfe von 2001 in Edmonton (7 Medaillen), 2003 in Paris (4), 2005 in Helsinki (5) und 2007 in Osaka (7). Die 90 deutschen Athleten waren 22 Mal unter den besten Acht – eine Quote wie schon lange nicht mehr. Ohne Euphorie meinte denn auch DLV-Sportdirektor Jürgen Mallow: »Wir gehören nicht zu den Verlierern der WM.«
Es hatte im Vorfeld dieser Titelkämpfe viel Skepsis gegeben, ob sich der DLV gerade angesichts finanzieller Engpässe durch die olympischen Misserfolge 2004 und 2008 aus dem Tief befreien könnte. Die WM haben durchaus offenbart, dass Konzept und Umstrukturierung seit 2008 weitgehend gefruchtet haben. Der Bonus der Heim-WM tat ein Übriges – wie schon 1993 in Stuttgart. Das Abschneiden von damals mit acht Medaillen ist mit dem von heute vergleichbar.
Der Verband konnte sich auf bewährte Siegertypen verlassen. Robert Harting (Diskus), Betty Heidler (Hammer), Steffi Nerius (Speer) und Nadine Kleinert (Kugel) hatten schon 2007 in Osaka zu den Medaillengewinnern gezählt und waren nun erneut unter den Besten zu finden.
Dass aber auch junge Athleten aufhorchen ließen, verdeutlichen der 21-jährige Dresdner Hochsprung-Dritte Raul Spank oder die sensationell zu Bronze gelaufene Staffel über 4 x 100 m mit drei jungen Läuferinnen an der Seite der bereits 31-jährigen Marion Wagner. Die Mainzerin, die schon 2001 in Edmonton in der Weltmeisterstaffel stand, beschrieb den ersten WM-Medaillengewinn in der Sprintstaffel nach acht Jahren »wie einen Traum«. Gut von ihr zu hören, dass sie weitermachen will.
Erinnert sei an den 19-jährigen Jenaer Sprinter Robert Hering, der erst spät nominiert worden war und im 200-m-Halbfinale an der Seite des WM-Triumphators Usain Bolt als Fünfter den Finaleinzug um nur sieben Hundertstel verpasste. Die bislang beiden einzigen deutschen WM-Finalisten über 200 m waren übrigens Frank Emmelmann (Magdeburg) bei der ersten WM-Austragung 1983 in Helsinki (Fünfter) und Tobias Unger 2005 in Helsinki (Siebenter).
Die Pleiten speziell im Weit- und Dreisprung (Männer und Frauen) oder im Stabhochsprung (Männer) sowie die nicht überraschende Chancenlosigkeit im nahezu kompletten Laufbereich stehen auf der Negativseite der deutschen Bilanz, die Mallow so bezifferte: »Die Ausfälle lagen weit unter 30 Prozent.« Und so riet der Sportdirektor, der nach fünf Jahren im September in den Ruhestand geht: »Es lohnt sich weiter, alle 47 Disziplinen zu fördern, auch wenn wir nicht in allen Medaillen gewinnen.«
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