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Wasser – eine Lektion fürs Leben

Zypern sorgt sich wegen Knappheit / Aufklärung und Sparmaßnahmen

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 7 Min.
Tafeln im Wassermuseum von Limassol
Tafeln im Wassermuseum von Limassol

Im westlichen Troodos-Gebirge auf Zypern durchquert der kleine Fluss Tjelefos eine urwüchsige Landschaft mit farbigen Felsen und reicher Vegetation. Hier verlief einst die Kamelroute, die mehrere Kupferminen mit der Küste verband. Auf den Kamelen wurde das Kupfer zu den Hafenstädten im Süden transportiert, wo es verarbeitet und verschifft wurde. Drei venezianische Brücken überspannen auf dem alten Handelsweg kleine Wasserläufe wie den Tjelefos. Erbaut vor 500 Jahren, sind sie bis heute in bester Verfassung.

Gewohnheiten kontra Umweltbewusstsein

Das kann man vom Wasser auf Zypern nicht gerade sagen, meint die Lehrerin Ireni Charalambidou. Sie nimmt mit ihrer Schulklasse aus Kato Pyrgos im Nordwesten der Insel an einem mehrtägigen Umweltprogramm des zypriotischen Schulministeriums teil. Das Zentrum liegt in Pedoulas, einem Dorf hoch im Troodos-Gebirge. Auf Umwelterziehung wird in Zypern viel Wert gelegt, sagt die Lehrerin. Ob es hilft, wird sich erst mit den Jahren zeigen. »In einigen Gegenden steht umweltbewusstes Verhalten in direktem Widerspruch zu alten Gewohnheiten«, erzählt die Lehrerin, während der Bus über sandige Bergpisten ins Tal kurvt. »Einige meiner Schüler gehen zum Beispiel regelmäßig mit ihren Eltern zur Jagd. Sie bringen aus dem Wald Dinge mit, die sie dort lassen sollten. Können wir solche Verhaltensweisen, die sich über Generationen vererbt haben, ändern?«

Die Fahrt endet im Tal, wo die Sandpiste unterhalb eines kleinen Stausees in einer Furt den Tjelefos durchquert und am anderen Hang der alten Kamelroute folgt. Unweit der Furt spannt sich die venezianische Tjelefos-Brücke elegant über den Fluss, der gleichmäßig plätschernd durch sein steiniges Bett strömt. Aufgeregt springen die Kinder aus dem Bus, toben herum und schon stehen die ersten laut rufend und lachend bis zu den Knien im Wasser. »Die Kinder kommen selten aus Kato Pyrgos heraus«, erklärt Lehrerin. »So ein Ausflug ist wichtig, damit sie einmal etwas anderes sehen.«

Für die Pädagogen des Umweltzentrums von Pedoulas, das den Ausflug zum Tjelefos organisiert hat, lassen sich Kenntnisse über die Umwelt in der spielerischen und freien Atmosphäre leichter vermitteln als im Klassenzimmer. Erst kommt der Spaß für die Kinder, so die Devise. Die Freude in der freien Natur, Tiere und Pflanzen in ihrer Umwelt zu erleben, soll Bewusstsein und Verantwortungsgefühl der Kinder wecken, erklärt Orlando, ein Chemielehrer aus Limassol. Jede Woche verbringt er mehrere Tage mit Schulgruppen am Fluss, wo die Kinder mit einfachen Experimenten etwas über den Zustand des Wassers herausfinden sollen.

Den Kindern frühzeitig Wissen über das Wasser beizubringen ist sehr wichtig, sagt Orlando, weil es auf Zypern nur wenig Wasser gibt. »In den letzten fünf Jahren ist der Niederschlag deutlich zurückgegangen und in unserem Teil der Erde ist die Gefahr der Wüstenbildung in wenigen Jahrzehnten sehr groß. Die Kinder müssen lernen, wie wertvoll das Wasser ist. Nicht nur für unser Leben, nicht nur, damit wir genug zu trinken haben, sondern auch, um anderes Leben zu erhalten. Das ist eine der wichtigsten Lektionen für sie.«

Ein Touristenehepaar aus Deutschland beobachtet das Treiben. Mit einem gemieteten Auto wollen sie den Troodos erkunden, die venezianischen Brücken und alte Klöster sehen. Vermutlich verbringen die Kinder ihre Ferien hier am Fluss, überlegen sie. Dass der Ausflug etwas mit Wasserschutz und Umwelterziehung zu tun hat, überrascht sie. Von Wassernot habe man hier noch nichts gemerkt, sagt das Ehepaar aus Thüringen. »Im Hotel haben wir immer Wasser, auch im Schwimmbad«, fügt die Frau hinzu.

Das östliche Mittelmeer, die Inseln und die nahöstlichen Anrainerstaaten haben seit Jahren mit Wassermangel zu kämpfen, auf Zypern führte die Not jetzt zu drastischen Maßnahmen. Für private Haushalte und die Landwirtschaft wird Wasser rationiert, für die Touristenanlagen wurde im Sommer 2008 Wasser mit Containerschiffen aus Griechenland gebracht. Kyriakos Kyrou von der Wasserentwicklungsbehörde in Larnaka macht sich um die Insel große Sorgen. Der Niederschlag ist in den letzten 35 Jahren dramatisch zurückgegangen, sagt er. »Genau das ist der Grund für unsere Probleme. Auf Zypern haben wir nicht so große Flüsse wie in Deutschland, wir haben Wasserläufe, die im Winter Wasser führen. Durch den Rückgang des Regens haben unsere Wasserläufe 50 Prozent weniger Nass. Das heißt, dass auch in den Stauseen 50 Prozent weniger ist. Das ist ein dramatischer Rückgang.«

»Wir spüren bereits den Klimawandel«

Die Touristen seien dabei nicht die größten Wasserschlucker auf der Insel, meint der Ingenieur, der seit vielen Jahren bei der Wasserbehörde in Nikosia arbeitet und selber an drei Staudämmen auf Zypern mitgebaut hat. »Der Touristensektor verbraucht zwischen sechs und acht Prozent des Wassers im privaten Sektor, das ist nicht so viel. Aber natürlich ist der Tourismus für unsere Wirtschaft sehr wichtig und wir müssen sicherstellen, dass er das Wasser zur Verfügung hat, das er braucht.« In vielen Hotels gibt es mittlerweile Hinweise an die Gäste, mit Wasser sparsam umzugehen, Wasser sparende Toilettenspülungen und Wasserhähne werden installiert.

Für die Zyprioten ist Wasser ein Topthema. Besonders in der Landwirtschaft, die 70 Prozent des Wassers verschlingt, müsse gespart werden, sagt Kyriakos Kyrou. Man sucht Alternativen zu Obst- und Gemüsesorten, die viel Wasser benötigen, Brauchwasser soll genutzt werden, neue Entsalzungsanlagen entstehen. Wichtig sei, energiesparende Anlagen zu entwickeln, damit nicht neue CO2-Emissionen den Klimawandel verschärfen. Bald werde man für Wasser mehr bezahlen müssen, so Kyrou, »damit die Menschen den Wert von Wasser deutlicher spüren und es nicht verschwenden«. Auf Zypern sei Klimawandel keine Theorie, so der Ingenieur, dem die politischen Reformen zum Umweltschutz zu langsam in Gang kommen: »Wir spüren es am eigenen Leib, in Zypern geschieht es. Darum sind wir verpflichtet, mit Wasser so sorgfältig wie möglich umzugehen, nicht nur für uns, sondern auch für die nächsten Generationen.«

Mit Kampagnen versucht man die Bevölkerung zu erreichen, viel Geld und Engagement wird in die Bildung gesteckt, sagt Christina Zanthi, die gemeinsam mit dem Pädagogen Klithos Paysanos durch das kleine Wassermuseum in Limassol führt. Das Bildungs- und Kulturministerium unterstützt insbesondere den Besuch durch Schulklassen. 5000 Schüler kamen seit der Eröffnung vor einem Jahr, sagt Klithos Paysanos strahlend. »Ein voller Erfolg!«

Das Museum liegt zur Hälfte in der ursprünglichen Wasserpumpstation von Limassol, die 1930 gebaut wurde und heute unter Denkmalschutz steht. Die dort installierte »Wasser-Maschine« pumpte Wasser aus dem Garyllis-Delta zum höher gelegenen Wasserturm, von wo es in rund 250 Häuser, Zisternen und öffentliche Wasserkräne verteilt wurde. Die Mehrheit der Bevölkerung von Limassol, das damals rund 2000 Häuser zählte, trug ihr Wasser noch auf den Schultern nach Hause oder ließ es sich mit dem Esel bringen. Das Delta von Limassol speist sich aus dem Garyllis, dem Tjelefos und anderen kleinen Flüssen des Troodos ebenso wie aus natürlichem Grundwasser, das inzwischen drastisch gesunken ist.

Fotos und Zeichnungen zeigen antike Wasserreservoire und Zisternen, Kanäle und Wasserräder. Die Zeitreise beginnt im vorchristlichen Zypern, zeigt Bäder und Aquädukte von Phöniziern und Römern. Antike Wasserrohre und Kannen hat das Nationalmuseum gestiftet. Der moderne Teil des Museums ist aus Glas. Aus einem Wassergraben wird Wasser emporgepumpt, das dann an der Außenfassade wieder hinunterströmt.

Man wünsche sich noch mehr ausländische Besucher, sagt Klithos Paysanos, immerhin seien schon Parlamentarier aus Deutschland und dem von der Türkei besetzten Norden da gewesen. Bei den Gesprächen zwischen beiden zypriotischen Volksgruppen, die seit über einem Jahr unter UNO-Vermittlung stattfinden, hat man sich zwar geeinigt, in Sachen Umweltschutz und Wasser künftig zu kooperieren, doch die praktische Umsetzung lässt auf sich warten. Immerhin soll die seit 35 Jahren geteilte Hauptstadt Nikosia demnächst eine neue Kläranlage erhalten, zum Nutzen beider Seiten.

Eine Klasse beim Unterricht am Ufer des Tjelefos; im Hintergrund die venezianische Brücke - Wassergewinnung und -nutzung im Wandel der Zeiten
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