Umgeschichtete Finanzflüsse
UNCTAD-Bericht: Einbruch bei ausländischen Direktinvestitionen
Mittel für Investitionen sind knapp geworden. Eine Tatsache, die die Arbeiter und Angestellten in den Betrieben seit rund Monaten tagtäglich auf die eine oder andere Art zu Hören bekommen. Nun aber kann man Schwarz auf Weiß nachlesen, wie stark sich die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise auf die weltweite Investitionsbereitschaft niederschlägt. Um knapp ein Drittel werden die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) im laufenden Jahr nach sechs Jahren der Zuwächse einbrechen, prognostiziert die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung in ihrem »World Investment Report 2009«. Statt 1,7 Billionen wie 2008 werden in 2009 nur 1,2 Billionen US-Dollar an ausländischen Direktinvestitionen, kurz FDI genannt, fließen. Ein Einbruch, von dem sich das internationale Wirtschaftsleben nur langsam erholen wird. Auch 2010 geht es laut den UN-Experten nur langsam wieder bergauf, erst 2011 soll laut UNCTAD wieder annähernd das Niveau von 2008 mit 1,8 Billionen Dollar erreicht werden.
Die internationale Krise hat sich nachhaltig auf die Investitionsflüsse ausgewirkt, so spielen Schwellenländer eine deutlich größere Rolle. Deren Anteil an den ausländischen Direktinvestitionen beläuft sich dem Bericht zufolge auf 43 Prozent. Dieser Wandel ist Teil des bereits 2008 zu verzeichnenden Einbruchs von Direktinvestitionen zwischen den Industrieländern. Die gingen bereits 2008 um 29 Prozent auf 962 Milliarden Dollar zurück, während bei den »Emerging Markets« die Talfahrt deutlich sanfter ausfiel. Unter den fünf wichtigsten Empfängerländern sind erstmals China und Russland aufgetaucht, ein Indiz für den Wandel in der FDI-Landschaft.
Bemerkenswert ist nämlich, dass die Finanzströme in die »aufstrebenden Märkte« 2008 noch um 17 Prozent auf 621 Milliarden US-Dollar stiegen, wobei auch Afrika (+27%) und Lateinamerika (+13%) zulegen konnten. Ein positives Ergebnis, welches sicherlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass die Banken dieser Länder kaum oder gar nicht in die Bankenkrise verwickelt waren, welche die Wirtschaftskrise nach sich zog. Allerdings wird in 2009 nachgeholt werden, was anderswo schon im letzten Quartal 2008 zu verzeichnen war – ein Rückgang bei den Direktinvestitionen.
Ein Trend, der vor allem im Agrarsektor negative Folgen haben könnte. Dort ist der Investitionsbedarf laut UNCTAD besonders groß, um den steigenden Nahrungsmittelbedarf auf dem Globus zu decken. Dort sei eine Politik der Investitionsförderung extrem wichtig, um die Herausforderung zu lösen, mahnen die UN-Experten. Ausländische Direktinvestitionen könnten dabei helfen. Doch in 2008 beliefen sie sich gerade auf 32 Milliarden US-Dollar, obwohl das Potenzial und der Bedarf deutlich höher liegen. Erst allmählich werde außerhalb des Bereichs der traditionellen »Cash-Crops« – Kaffee, Kakao oder Tee – investiert wie zum Beispiel im Bereich von Getreide oder Früchten. Diese Tendenz müsse unterstützt werden, um die Ernährung mittelfristig zu sichern, so die UNCTAD-Experten.
UNCTAD: World Investment Report 2009, 278 Seiten, 2009. Informationen im Internet unter: www.unctad.org/wir.
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