Hose mit Dreifachsicherung
Stoiber zieht Zwischenbilanz bei Bürokratiebekämpfung in der EU
Wie in guten alten Zeiten steht Edmund Stoiber am Rednerpult. Der bekannte bayerische Einschlag ist in seiner Stimme, er fängt an zu plaudern. »Die Herren vor mir in der ersten Reihe sind alle mutig, denn sie tragen Hosen.« Fragezeichen bei den Zuhörern. Doch dann fängt der ehemalige Kanzlerkandidat und bayerische Ministerpräsident an zu erklären. Die angesprochenen Herren würden ihre Hose nur mit einem Gürtel sichern. Wären sie Mitarbeiter der EU-Institutionen, würden sie auch noch Hosenträger und Heftzwecken verwenden. Also eine Dreifachsicherung montieren, falls mal der Gürtel und die Träger zusammen platzten. Genau so sei es mit der EU und ihren Gesetzen. Da werde alles und viel zu viel geregelt. »Ich sage den Leuten immer: Ihr macht hier etwas, was ihr in eurem normalen Leben nie und nimmer machen würdet«, so Stoiber. Die Hose nämlich dreimal sichern. Drei Gesetze für ein Ziel verabschieden. Damit auch ja nichts schief gehen könne im Fall der Fälle.
Seit knapp zwei Jahren hat Stoiber den Job, die EU und ihre Mitarbeiter von der Unsinnigkeit solcher Dinge zu überzeugen. Bürokratieabbau heißt das Stichwort. Die EU-Kommission, in deren Namen Stoiber unterwegs ist, hatte 42 Rechtsakte in 13 Rechtsgebieten benannt, die entschlackt werden sollten. Nicht unbedingt, um die EU beim Bürger beliebter zu machen. Sonder eher, um die Wirtschaft zu entlasten. Denn die stöhnt unter all den Vorgaben, die Brüssel ihr macht. Hier ein Formular, dort eine Erklärung, die man doch sowieso für die nationalen Behörden schon ausgefüllt hat. Zeit und Geld, die unnötig verschwendet werden. Mit dem Abbau von 25 Prozent dieser Verwaltungslasten, die aus der EU-Gesetzgebung entspringen, erhofft sich die Kommission ein Einsparpotenzial von 41 Milliarden Euro für Europas Unternehmen. Und als Folge ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent.
Bis 2012 sollen diese Ziele erreicht sein. Stoiber sieht sich auf gutem Wege. »Aber die Arbeit ist nicht einfach«, berichtet er aus seinem Alltag. Zwar habe die Kommission die Notwendigkeit zum Bürokratieabbau erkannt, aber dieses Denken sei beim EU-Parlament und beim Rat noch lange nicht angekommen. »Dort gibt es niemanden, der sich um so etwas wie weniger Bürokratie Gedanken macht«, erzählte Stoiber am Mittwochabend in der Landesvertretung Bayerns bei der EU in Brüssel. Doch nachdem er sich jetzt intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt habe, sei für ihn klar: Der Abbau von Bürokratie müsse zu einem dauerhaften Prozess werden. In allen EU-Institutionen und über die zeitlich begrenzte Tätigkeit einer Arbeitsgruppe wie der seinen hinaus. Für die Akzeptanz der EU bei Unternehmen und Bürgern sei das wichtig. Der weit verbreitete Reflex »Brüssel gleich Bürokratie« müsse bekämpft werden. Nur so könne die EU es schaffen, ein besseres Bild von sich selbst zu erzeugen.
Leider, so Stoiber, sei dieses Bewusstsein bei vielen Handelnden nur schwer zu erzeugen. Denn wenn es konkret darum gehe, hier und da etwas zu streichen, hielten alle an dem Bestehenden fest, sie wollten Hosenträger und Zwecken nicht ablegen, obwohl der Gürtel allein reichen würde.
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