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Die DKP und ihre Krisenberater
Kommunisten wären mit 0,3 Prozent bei der Landtagswahl schon zufrieden
Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ist auf eine Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl am 27. September personell bestens vorbereitet. Ihr Schattenkabinett steht: Ministerpräsident Karl Marx, Wirtschaftsminister Friedrich Engels und Innenminister Lenin.
Spaß beiseite! Natürlich kommt die DKP durch den Urnengang nicht an die Macht. Sie wird nicht einmal ins Parlament gelangen. Aber das Plakat mit dem Konterfei von Marx, Engels und Lenin und dem Schriftzug »Unsere Krisenberater« darf als die pfiffigste Idee in diesem Wahlkampf gelten. Auch in Berlin, wo die Genossen zur Bundestagswahl antreten, ist es auf den Straßen zu sehen.
»Wir müssen uns nicht streiten, wer in den Landtag einzieht«, sagt Spitzenkandidat Herbert Driebe mit einem Augenzwinkern. Bei der Landtagswahl 2004 erhielt die DKP lediglich 2084 Stimmen, was mageren 0,2 Prozent entspricht. »Wenn es uns gelingt, noch 500 Stimmen oben drauf zu packen, sind wir sehr zufrieden«, verrät Driebe. Immerhin: 2100 Unterstützer unterschrieben schon einmal dafür, dass die DKP antreten darf. Damit war die vom Landeswahlleiter geforderte Marke von 2000 Unterschriften erreicht.
Einst war Driebe Landesvorsitzender der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG). Doch nach internen Querelen sichtlich zermürbt und enttäuscht, schmiss er das Amt kurz vor der Vereinigung mit der Linkspartei.PDS hin. Mit dem Mittfünfziger sind dann mehrere junge Leute zur DKP gewechselt. Einige von ihnen stehen nun auf der Landesliste der Partei.
Platz neun belegt im Übrigen der Teltower Schüler Karl-Friedrich Döpmann, Jahrgang 1990. Unter allen 443 Kandidaten für die Landtagswahl ist er der jüngste. Auf Platz 3 steht der Landesvorsitzende Mario Berrios Miranda. Der Landschaftsarchitekt stammt aus Santiago de Chile. Im Zusammenhang mit dem Militärputsch Pinochets gegen Allende verließen seine Eltern die Heimat. Der Zweijährige gelangte so nach Deutschland, allerdings nicht in die DDR, wie damals so viele seiner Landsleute. Warum tritt die DKP an, obwohl sie völlig chancenlos ist? »Wir wollen zeigen, dass es uns gibt, und wir wollen eine Alternative sein für jene, die die andere Alternative nicht möchten«, erklärt Driebe. Mit der anderen Alternative meint er ganz offensichtlich die Linkspartei, denn er sagt, es laufe doch auf Rot-Rot zu. »Und das wollen viele nicht«, glaubt Driebe. Fakt ist indessen, dass die PDS schon 1999 und 2004 mit dem Ziel antrat, durch einen Regierungswechsel einen Politikwechsel hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit zu erreichen. Jedes Mal bekam sie mehr Zuspruch. Darüber hinaus belegen Umfragen, dass der überwiegende Teil der Anhänger möchte, dass die Sozialisten Verantwortung übernehmen.
Vom Kampf für einen Politikwechsel spricht die DKP ebenfalls, allerdings im Zusammenhang mit außerparlamentarischen Bewegungen. Im Wahlprogramm heißt es, die Wirtschafts- und Finanzkrise habe das Vertrauen in die Marktwirtschaft grundlegend erschüttert. »Nur noch gut 30 Prozent der Bevölkerung stehen hinter dem System; mehr als die Hälfte dagegen findet Sozialismus gut.« Die Herrschenden reagieren nach Darstellung der DKP panikartig und versuchen, »jeden Gedanken an sozialistisches Wirtschaften zum Teufelszeug zu erklären«. Ihre Furcht sei es, dass sich die Ausgebeuteten gemeinsam wehren. Dem solle vorgebeugt werden mit einer umfassenden Hetze gegen alles, was irgendwie links sei. »Die DDR, der Staat ohne Armut, ohne Krieg und die anderen Übel des Kapitalismus« werde permanent zum Unrechtsstaat erklärt und mit dem Naziregime gleichgesetzt. Die Taktik der Herrschenden dürfe nicht aufgehen. Das bestehende parlamentarische System der BRD verhindere die Durchsetzung der Mehrheitsinteressen der Bevölkerung. Es folge in seinen Entscheidungen dem Willen des Großkapitals, der multinationalen Konzerne und Banken.
In vielen tagespolitischen Forderungen stimme man mit der Linkspartei überein, wird eingeräumt. Doch diese erliege im parlamentarischen Geschäft »dem Zeitgeist der finanzpolitischen Sachzwänge«. »Die Machtfrage wird aus unserer Sicht nicht durch Regierungsbeteiligung, Koalitionsmodelle oder parlamentarische Opposition gelöst.«
Unterdessen gibt es in der DKP unterschiedliche Meinungen zur Beteiligung der brandenburgischen Genossen an der Landtagswahl. Nach dem dürftigen Abschneiden der DKP bei der Europawahl im Juni hatte der stellvertretende Bundesvorsitzende Leo Mayer erklärt, das Wahlergebnis zeige, dass es für die DKP »gegenwärtig keinen wahlpolitisch zählbaren Raum« neben der LINKEN gebe – »zumindest bei Europa-, Bundestags- und Landeswahlen«. Diese Einschätzung teilt der Bundesvorsitzende Heinz Stehr. Er betont jedoch, dass es Sache der Landesverbände sei, ob sie sich an Landtagswahlen beteiligen.
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