60 Milchbetriebe haben aufgegeben
Bauern in Sachsen-Anhalt beharren auf einer Quote und beklagen Preistreiberei beim Landerwerb
Als vergangene Woche die Agrarminister der Länder im Kloster Helfta bei Eisleben tagten, standen vor dem Tor wütende Bauern. Ihren Protest gegen die ruinös niedrigen Milchpreise äußerten sie nicht nur lautstark, sondern auch, indem sie Milch ausgossen – ausgerechnet am Klosterteich, in dem deshalb viele Fische starben. Die Politik reagierte erbost, was wiederum Kurt-Henning Klamroth in Rage bringt. Die »tödlich verunfallten« Fische täten ihm leid, sagt der Präsident des Deutschen Bauernbundes (DBB) in Sachsen-Anhalt. Man solle aber auch an die Landwirte denken, die beim Ruin ihres Betriebes alles verlieren und »mit dem ganzen Vermögen haften«.
Schon 60 Agrarbetriebe in Sachsen-Anhalt sind nach Angaben des DBB wegen des harten Preiskampfes bei der Milch auf der Strecke geblieben, »und das ist nicht das Ende«, warnt Klamroth, der selbst Landwirt in der Börde ist und für den Liter Milch derzeit nur 19 Cent erhält. Um die Kosten decken zu können, »brauchen wir 20 Cent mehr«, betont der DBB-Präsident, der angesichts dieser Kluft auch Hoffnungen der Politik vom Tisch wischt, die Milchproduktion könne durch Bildung größerer Betriebe wieder wirtschaftlicher werden. Laut einer statistischen Analyse des DBB, der vorwiegend von Einzelbauern geführte Betriebe vertritt, liegen auch in großen Ställen die Kosten je Liter um lediglich zwei Cent niedriger: »Das ist nicht die Lösung«, sagt Klamroth, »man läuft einem Phantom hinterher.«
Nach Ansicht des Bauernbunds sind andere Maßnahmen der Politik unumgänglich. So müsse die Quote, die laut EU-Beschluss in den nächsten Jahren schrittweise abgeschafft werden soll, erhalten bleiben: »Ohne Steuerung der Menge geht es nicht«, sagt Klamroth. Der Bauernfunktionär ist zuversichtlich, dass dies in den Ministerien erkannt worden sei: Der Begriff werde verschwinden, »die Quotierung aber bleibt«. Auch dürfe Überproduktion eines Landwirts nicht mehr mit geringeren Milchmengen anderer Bauern verrechnet werden: »So kommt Milch vom Markt.« Keine Lösung sind nach Ansicht Klamroths Kredite und Investitionsbeihilfen. Viele Agrarbetriebe seien schon jetzt hoch verschuldet und verfügten nur über geringes Eigenkapital. Dagegen seien die Einnahmen viel zu niedrig – nicht nur bei Milchbauern. So würden für eine Tonne Weizen derzeit nur fünf Euro gezahlt; ähnlich sei die Lage bei anderen Feldfrüchten: »Das ist die nächste Bombe, die platzt.«
Gleichzeitig hätten die Landwirte hohe Ausgaben – unter anderem für Landerwerb und Pacht. Eine besonders unrühmliche Rolle spielt laut DBB dabei die bundeseigene Bodenverwertungs und -verwaltungs GmbH (BVVG). Dieser wird »unselige Preistreiberei« vorgeworfen. Die BVVG habe die Vorgabe, Flächen zum höchstmöglichen Preis zu vergeben. So würden in der Börde 750 Euro je Hektar verlangt, obwohl der amtliche Richtwert nur halb so hoch liege. Zwar verfüge die BVVG nur über acht Prozent der Agrarflächen im Land, doch orientierten sich andere Verkäufer an deren Preisen: »Die mischen uns den privaten Bodenmarkt auf.« Die Landwirte fordern von der Bundesanstalt, sich an durchschnittlichen Bodenpreisen zu orientieren. Den kürzlich verhängten Verkaufsstopp für die BVVG hält Klamroth dagegen für keine gute Lösung: »Das ist nur ein billiges Wahlkampfmanöver.«
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