Verdienter Sieger im Spiel des Jahres
DFB-Elf schlägt Russland in Moskau mit 1:0 und beginnt die Planungen für die WM-Endrunde
Michael Ballack und Co. starteten nach dem wichtigen Sieg von Moskau eine ausgelassene WM-Sause – Joachim Löw dagegen dachte mit dem Südafrika-Ticket in der Tasche gleich an die kniffligen Aufgaben 2010. Für das Fußballabenteuer am Kap machte er sich schon am Sonntag auf dem Heimweg nach Hamburg Gedanken.
Der durch das überzeugend erkämpfte 1:0 in Russland zum ersten WM-Test herabgestufte Qualifikations-Showdown am Mittwoch (18 Uhr/ARD) gegen Finnland ist für den großen Moskau-Gewinner Löw der Startschuss zu einer wichtigen Experimentierphase. »In solchen Spielen bin ich extrem risikofreudig und probiere gerne etwas aus«, sagte der DFB-Chefcoach. »Ich sehe nicht, dass wir uns in diesen Spielen schon für die WM einspielen müssen.«
Die Spieler freuten sich derweil über den Sieg, über die Endrundenteilnahme, über insgesamt vier Millionen Euro Prämie und darüber, dass jener Nimbus von der der deutschen Nationalmannschaft, die im entscheidenden Match stets nur schwer zu bezwingen ist, weiterhin besteht: »Es ist eine ganz große Stärke von uns, dass wir uns auf den Punkt fokussieren können«, strahlte Schlussmann Réne Adler, der mit seinen glänzenden Paraden einen großen Anteil am Sieg seiner Mannschaft hatte.
Teammanager Oliver Bierhoff sah in dem durch das Siegtor von Miroslav Klose (35. Minute) gekrönten Gipfeltreffen schon ein Signal: »Wie die Mannschaft aufgetreten ist und wie wir die Russen geschlagen haben, das ist auch ein Zeichen Richtung WM.« Chefcoach Löw denkt noch in kleineren Schritten. In zwei Stufen will der 49-Jährige sein Team titelreif machen. Bevor im kommenden Jahr der Stammelf-Feinschliff vorgenommen wird, sollen gegen Finnland und in den Tests gegen Chile (14. November/ und Ägypten (18. November) einige Kandidaten auf ihre WM-Tauglichkeit geprüft werden.
»Ich möchte ganz bewusst in den nächsten zwei, drei Spielen einige junge Spieler noch mal sehen und schauen, was für Möglichkeiten sie haben, ob man ihnen ein Turnier zutrauen kann«, sagte Löw. Für Finnland nannte er Techniktalent Marko Marin und Angreifer Cacau als Kandidaten.
Russlands Nationaltrainer Guus Hiddink analysierte das 0:1 nüchtern. »Es gibt ein deutsches Wort, das alles beschreibt: Durchschlagskraft.« Die Zeitung »Sport Express« kommentierte: »Der Rasen war künstlich, aber die Deutschen waren echt. Schwermütige Russen, kaltblütige Deutsche.« Wenige Minuten nachdem der schwere Gang in die Play-offs feststand, wütete Sportminister Vitali Mutko in den Katakomben des Luschniki-Stadions. »Die Relegation ist schlicht ungerecht«, schimpfte er auf die FIFA-Regeln. Russland habe sieben von neun Qualifikationsspielen gewonnen, was in anderen Gruppen nicht einmal der Erstplatzierte geschafft habe. »Trotzdem sollen wir gegen einen Tabellenzweiten antreten.«
Am 19. Oktober werden die Play-offs ausgelost. Jetzt bloß nicht die Ukraine! – Russland fürchtet in den beiden Entscheidungsspielen eine Pleite gegen die Ex-Sowjetrepublik, die sicherlich besonders motiviert in die Spiele gehen würde. dpa/ND
Russland: Akinfejew - Anjukow, Ignaschewitsch, Beresuzki, Schirkow - Denissow (46. Torbinski) - Bystrow, Syrjanow, Semschow (77. Pogrebnjak) - Arschawin - Kerschakow (54. Pawljutschenko)
Deutschland: Adler - Boateng , Mertesacker, Westermann, Lahm - Ballack, Rolfes - Schweinsteiger, Özil (72. Friedrich), Podolski (86. Trochowski) - Klose (89. Gomez).
Tor: 0:1 Klose (35.). Schiedsrichter: Busacca (Schweiz). Zuschauer: 75 000. Gelb-Rot: Boateng (69.)
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