Berlusconi sucht die juristische Hintertür

Vorwurf an ausländische Medien

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 2 Min.
In Italien versucht Ministerpräsident Silvio Berlusconi weiterhin, die Demokratie auszuhöhlen. Erst hat er das Verfassungsgericht und den Staatspräsidenten als »politisch motiviert« beschimpft. Jetzt sucht er nach Mitteln und Wegen, um das Urteil des Obersten Gerichtshofes, das seine Immunität aufgehoben hat, zu umgehen.

»Ich bin schön, klug und gut«, wiederholt Silvio Berlusconi gebetsmühlenartig, »und Staatspräsident Giorgio Napolitano ist der Vertreter der Linken.« Napolitano antwortet mit der Ruhe, die ihn auszeichnet: »Ich bin ein Mann der Institutionen, ich stehe einzig und allein auf der Seite der Verfassung.« Diesen Disput wird Italien wahrscheinlich noch eine lange Zeit erhalten bleiben. Berlusconi behauptet, im Gegensatz zu allen anderen direkt vom Volk gewählt worden zu sein. Das ist eine staatsrechtliche Absurdität, da der Regierungschef in Italien von einer Partei aufgestellt, dann vom Staatspräsidenten ernannt wird und schließlich von den Volksvertretern das Vertrauen erhält. Auch der Staatspräsident wird von den Abgeordneten gewählt. Italien ist nun mal keine Präsidialrepublik nach US-amerikanischem oder französischem Vorbild, auch wenn die Rechte im Land dies schon seit Langem anstrebt.

Aber mehr als eine Änderung der Staatsform interessiert Silvio Berlusconi in diesem Moment, wie er sich nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes einer möglichen Verurteilung wegen Korruption oder Steuerhinterziehung entziehen kann. In den nächsten Tagen werden gleich vier Prozesse gegen den amtierenden Ministerpräsidenten wieder aufgenommen, in denen er dieser Vergehen angeklagt ist. Seine Rechtsberater haben schon mögliche Wege ausgearbeitet, um dem zu entgehen.

Da ist etwa ein Gesetz in Vorbereitung, das die Prozesszeiten praktisch unendlich in die Länge ziehen könnte. Demnach müssten Abgeordnete oder zumindest Minister nicht vor Gericht erscheinen, weil ihr Amt per se als »wichtiger Hinderungsgrund« eingestuft wird. Eine weitere Möglichkeit wäre es, die Verjährungsfristen für »weniger schwere Vergehen« (und das wären dann all jene, für die Berlusconi angeklagt ist) drastisch zu verkürzen. Die Prozesse gegen den Regierungschef würden damit umgehend eingestellt, weil die Verjährung bereits eingetreten ist. Die dritte Möglichkeit wäre eine Norm, laut der die Prozesse eine Art Dringlichkeitsstufe erhalten. Auch in diesem Fall würden die wegen Korruption und Steuervergehen unter den Tisch fallen. Allerdings wurde ein ähnliches Gesetz bereits im vergangenen Jahr verabschiedet, dann aber vom Staatspräsidenten verworfen.

Gleichzeitig will die Regierung mit ihrer starken Parlamentsmehrheit die Pressefreiheit indirekt einschränken, um für die Regionalwahlen im kommenden Jahr besser gerüstet zu sein. Und sie versucht, die ausländischen Medien, vor allem die britischen, französischen und spanischen, die mit immer größerer Vehemenz den Rücktritt Berlusconis fordern, in der Öffentlichkeit als »Feinde Italiens« hinzustellen. Denn, so Berlusconi: »Wer mich beleidigt, beleidigt unser Land!« Nach dem altbekannten Motto: Der Staat bin ich.

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