Japaner im Höhenflug

Kohei Uchimura turnt überlegen zum WM-Titel im Mehrkampf / Marcel Nguyen Zwölfter

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Frank Thomas (dpa), London

Ohne seinen Hauptkonkurrenten Fabian Hambüchen hatte Favorit Kohei Uchimura leichtes Spiel: Zum vierten Mal in der Geschichte der Turn-Weltmeisterschaften erkämpfte der Olympiazweite in London die Mehrkampfkrone für Japan. Mit 91,50 Punkten verwies der 20-jährige Tokioter den Briten Daniel Keatings (89,925) und den Russen Juri Rjasanow (88,40) souverän auf die Medaillenränge. Marcel Nguyen kam nach einer Darbietung mit mehr Licht als Schatten auf 85,775 Punkte und Rang zwölf. Einen Rang unter den besten zehn Turnern der Welt vergab der Unterhachinger durch einen Sturz vom Barren.

Fabian Hambüchen, vor zwei Jahren in Stuttgart hinter dem Chinesen Yang Wei Vizeweltmeister, saß mit verletztem Fuß und trauriger Miene auf der Tribüne, erkannte aber die großartige Leistung des hohen Favoriten an, mit dem er hin und wieder gemeinsam trainiert. »Er ist so stark. Ich war ganz sicher, dass er das hier macht«, sagte der Wetzlarer, der in den nächsten vier bis sechs Wochen wegen eines Außenbandrisses im Training eine Zwangspause einlegen muss.

Marcel Nguyen, der als einziger Deutscher die Last im Mehrkampffinale zu tragen hatte, verbesserte sich gegenüber dem verkorksten Vorkampf (19.), kam aber nicht an seine Zielstellung Top 10 heran. »Diese WM ohne Fabian hat schonungslos unsere Situation offen gelegt, wie nackig wir sind. Die anderen turnen Champions League und wir schauen zu«, hatte Cheftrainer Andreas Hirsch bereits vor dem Finale geäußert.

Nguyen gelang beim Sprung ein besserer Einstieg als in der Qualifikation, als er gleich auf dem Hosenboden gelandet war. Etwas gehandicapt durch einen leichten Muskelfaserriss an der Schulter patzte er jedoch danach an seinem Spezialgerät, dem Barren, musste unfreiwillig vom Gerät und verschenkte so fast zwei Punkte. Nach dem Reck lag der 22-Jährige nur auf Platz 21 und arbeitete sich dann mit stabilen Leistungen am Boden und an den Ringen bis auf Rang zwölf vor. »Den Fehler am Barren habe ich noch nie gemacht. Das ärgert mich. Aber meine Trainer haben mich danach toll motiviert und dann lief es bis zum Schluss gut durch. Insgesamt bin ich ganz zufrieden«, so Nguyen.

An der Spitze zog indes vor 5000 Zuschauern Uchimura einsam seine Kreise. Ohne Fehler seine Boden-Show zum Auftakt (15,625), nach Pferd und Ringen lag er bei Halbzeit mehr als 1,3 Punkte vor den stärksten Verfolgern, für die es von Anfang an nur um die Ränge hinter dem Ausnahmeturner aus Fernost ging. Da Uchimura am Barren und Reck seinen Vorsprung ausbaute, war sein am Ende haushoher Sieg nie in Gefahr.

Vor Uchimura hatten nur Enzo Kenmotsu (1970), Shigeru Kasamatsu (1974) und Hiroyuki Tomita (2005) Mehrkampf-Gold für die Turnnation Japan geholt. Die Chinesen, die in Peking noch sieben von acht Olympiasiegern stellten, hatten keinen Turner für den Mehrkampf nominiert. dpa

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