Geben ohne Gegenleistung

Auch in der Wirtschaftskrise hören die Deutschen nicht auf zu spenden

  • Isabel Fannrich-Lautenschläger,
  • Lesedauer: 3 Min.
epd

Zwischen drei und fünf Milliarden Euro spenden die Deutschen jedes Jahr. Daran hat sich auch in den vergangenen Jahren nichts geändert.

Berlin. Verstärkte Spendenwerbungen konnten die Summen nicht wesentlich in die Höhe treiben, die Wirtschaftskrise und Skandale ließen sie nicht wesentlich sinken: Zwischen drei und fünf Milliarden Euro spenden die Deutschen jedes Jahr. In den vergangenen 15 Jahren lag der Anteil der Deutschen, die Geld für wohltätige Zwecke gaben, meist zwischen 37 und 45 Prozent, 2008 waren es 42 Prozent, hat der Berliner Soziologe Eckhard Priller festgestellt.

Allerdings verhalten sich junge und alte Menschen sehr unterschiedlich. »Man spendet, was man hat«, formulierte es Priller jüngst auf einer Tagung zum Thema »Warum spenden wir?« in Berlin. Junge Menschen geben vergleichsweise wenig Geld, gehen aber häufiger zum Blutspenden als ältere. Und sie erklärten sich eher bereit, im Todesfall ihre Organe zur Verfügung zu stellen. Die Älteren spendeten mehr Geld. Darum konkurrieren in Deutschland rund 600 000 gemeinnützige Vereine und 15 000 Stiftungen.

Spenden ist eine Handlung, für die keine Gegenleistung erwartet wird. Der eine will sein Gewissen beruhigen. Der andere kennt jemanden bei einer Hilfsorganisation. So mancher möchte sich solidarisch zeigen, andere bekamen selbst schon einmal Hilfe. So breit die Palette der Motive, so vielfältig ist die Möglichkeit, andere am Eigentum teilhaben zu lassen: Eltern werfen zu klein gewordene Kindersachen in den Kleidercontainer. Kirchenbesucher lassen Münzen in den Klingelbeutel wandern, Schulklassen übernehmen eine Patenschaft in Afrika.

Das Geben ist sehr individuell und durch Biografie und Lebensumstände geprägt. Allerdings fördern bestimmte Umstände die Spendenbereitschaft, wie eine Studie der Uni Leipzig zeigt: Je ärmer das Land und je größer das Wissen über diesen Staat, desto mehr wollten die Studierenden den Einwohnern spenden. Geschieht eine Katastrophe gar im eigenen Land, fließt viel Geld. »Aber auch die Erziehung zum Spenden spielt eine wichtige Rolle«, sagt die Kultursoziologin Veronika Andorfer. Wer spendet, muss vertrauen. Rund 43 Prozent der Spender informieren sich laut einer Befragung vorab intensiv über die Organisation. Diese stellen mittlerweile fast alle ihren Geschäftsbericht ins Internet.

Die entscheidende Rolle kommt den Medien zu. »Doch erst wenn die Berichterstattung eine gewisse Tiefe erreicht, werden wir mitgenommen«, so der Soziologe Harald Wenzel (FU Berlin). Der Zuschauer sieht die Bilder und entscheidet für sich, ob es sich um »legitime Opfer« handelt. Einen anderen Weg gehen Initiativen wie die Internetplattform „betterplace.org“. Dort suchen und finden sich Spender und Projekte aus allen Weltteilen, fernab von Katastrophenschauplätzen. Die Projektverantwortlichen und Unterstützer können sich gegenseitig bewerten. »Das Internet schafft Liquidität«, sagt Mitgründerin Joana Beidenbach.

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