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Lautenklang zu Pastinaken
Wittenberger Renaissance Festival widmet sich Sachsens Musiktradition
Der Countdown läuft. Noch neun Jahre sind es bis zum 500-jährigen Jahrestag der Reformation. Die Lutherstadt Wittenberg putzt sich heraus: Der Stadtbach wurde wieder freigelegt und plätschert nun munter durch die Gassen. Ein »Luthergarten« entsteht, wo Kirchen aus aller Welt einen Baum pflanzen können. Und auch das Wittenberger Renaissance Musikfestival, 2006 ins Leben gerufen, soll auf das große Jubiläum einstimmen.
»Wir wollen die reiche Wittenberger Musiktradition vom Spätmittelalter bis zur Reformation hörbar machen«, sagt Thomas Höhne, der Künstlerische Leiter des Festivals. »Dieser Fokus verleiht dem Festival seinen einmaligen Charakter.« Das noch bis zum Sonntag laufende diesjährige Programm umfasst acht Konzerte mit internationalen Künstlern und Ensembles, Workshops für Alte Musik sowie eine Instrumentenausstellung.
Thematischer Schwerpunkt ist die Sächsische Musik der Reformationszeit. Hier kennt sich Thomas Höhne aus, gründete er doch 2002 die Wittenberger Hofkapelle, die sich vor allem dem regionalen Erbe aus der Zeit des musenfreundlichen Kurfürsten Friedrich des Weisen widmet.
»Um die Stücke möglichst originalgetreu aufzuführen, arbeiten wir eng mit den Musikwissenschaftlern der Universität Halle zusammen«, erklärt Höhne, der das Ensemble leitet und selbst die Laute spielt. Eine Frucht dieser Zusammenarbeit kann man im Wittenberger Lutherhaus erleben, wo das Konzert der Wittenberger Hofkapelle durch Vorträge über die Musikauffassung von Luther und Calvin ergänzt wird. In Zukunft will Thomas Höhne weitere Städte, in denen Luther wirkte, in das Festival einbinden. »Die diesjährige Eröffnung war in Eisleben. In jener Kirche, wo der Reformator zum letzten Mal vor seinem Tod predigte«, sagt der Festivalleiter. »2010 sind auch Konzerte in Mansfeld und Torgau geplant. So trägt das Festival zum Zusammenwachsen der Lutherstädte bis zum Jubiläumsjahr 2017 bei.«
Was zu Luthers Zeiten musikalisch am Südrand Europas vor sich ging, zeigte bereits am Dienstag das Trio Delphín de Música mit einer Aufführung spanischer, um 1500 entstandener Musik. Die schlichten Lieder des Komponisten Juan del Encina gewinnen ihren Reiz erst durch die virtuos zupfenden Instrumentalisten.
Wie jedes Jahr leitet das Festival den Reformationstag ein. Am kommenden Samstag wird er im Stadtpalais Wittenberg mit einem Festmahl begangen, wie es auch Luther selbst gefeiert haben dürfte. Dabei geht es natürlich deftig zu. Große Mengen von Fleisch stehen im Mittelpunkt; dazu gibt es Erbsenbrei und heutzutage seltenes Gemüse wie Pastinaken und Petersilienwurzeln. Als Tafelmusik spielt die Weimarer Alte-Musik-Gruppe »The Playfords« Renaissance-Tänze auf.
Am Sonntag zum Festivalfinale wird Allerheiligen gefeiert. Das niederländische Ensemble Cantus Modalis rekonstruiert, wie man dieses Fest um 1500 am Hofe Friedrich des Weisen beging.
www.wittenberger-renaissancemusik.de
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