In drei Monaten beginnen die Olympischen Winterspiele in Kanadas Pazifikmetropole Vancouver / Skicross in der Großstadt

Chef de Mission Bernhard Schwank lobt Vancouver und will auch für München 2018 werben

  • Lesedauer: 5 Min.
BERNHARD SCHWANK führt vom 12. bis 28. Februar 2010 erstmals als Chef de Mission die deutsche Olympiamannschaft in Vancouver. Zuvor war er dreimal Stellvertreter. Außerdem leitet er die GmbH der Olympiabewerbung Münchens 2018. Mit ihm sprach OLIVER HÄNDLER.

ND: Herr Schwank, als Chef de Mission waren Sie bereits in Kanada. Welche Eindrücke haben Sie von Vancouver und der Bergstadt Whistler, in der die Außensportarten stattfinden?
Schwank: Was die Sportstätten und auch beide Olympische Dörfer angeht, werden die Sportler sehr gute Bedingungen vorfinden. Die Wettkampfstätten sind ja alle schon getestet, Die Rodel-, Bob- und Skeletonbahn wird sicherlich eine besondere Herausforderung. Durch den Ausbau der Straße zwischen Vancouver und Whistler ist es nun auch gelungen, die Reisezeit zwischen Vancouver und Whistler zu verkürzen. Es wird trotzdem eine gewisse Zeit dauern, zwischen beiden Standorten zu pendeln.

Ein Manko der Spiele?
Es wird sich im Laufe der Spiele zeigen, wie es gelingt, den Verkehr zwischen den beiden Orten zu organisieren.

Welche Atmosphäre erwarten Sie in Vancouver?
Man spürt dort die Begeisterung für den Wintersport. Hinzu kommt, dass Kanada als Gastgeber ambitionierte sportliche Ziele hat. Da heißt es nicht nur »on the podium«, also aufs Podest kommen, sondern gleich »own the podium«, also das gesamte Podium in Besitz nehmen. Das wird die Zuschauer mobilisieren. Die Stadt Vancouver wird ihr übriges tun und die Berge um Whistler tragen auch zur Stimmung bei.

Sie waren bis vor kurzem Leistungssportdirektor im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Welche Ziele hat die deutsche Olympiamannschaft im Februar?
Ich weiß aus vielen Gesprächen mit den Athleten, dass sie nach Vancouver fahren, um gute Leistungen abzuliefern und um zu gewinnen. Insgesamt treten wir wieder an, um den ersten Platz in der Nationenwertung von Turin 2006 zu verteidigen. Das wird ein sehr spannender Wettkampf mit Kanada als Gastgeber, den USA, die im vorolympischen Winter sehr stark waren, und natürlich auch mit Norwegen und Österreich. Ob es dann ein erster, zweiter oder dritter Platz wird, in jedem Fall ist dies ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann.

In letzter Zeit fielen vermehrt, russische Wintersportler durch die Dopingkontrollen. Wird da mehr gedopt oder besser kontrolliert?
Die Kontrollen sind vielerorts besser geworden. Das führt dazu, dass Athleten auch überführt werden. Das mag auch in Russland so der Fall gewesen sein. Insgesamt sind die Anstrengungen im Kampf gegen Doping entschieden gewachsen, und das ist auch genau der richtige Weg. Ich glaube, wir haben in Deutschland ein sehr gutes Dopingkontrollsystem. Gemeinsam mit der Nationalen Anti-Doping Agentur tun wir alles, um diesen Kampf seriös weiter voranzutreiben.

Ihre Einschätzung zum Fall Claudia Pechstein?
Warten wir mal das Urteil des CAS (Internationaler Sportgerichtshof, d. Red.) und die Begründung ab. Dann kann man seriös darüber sprechen.

Machen Sie als Geschäftsführer der Bewerbergesellschaft für die Winterspiele in München 2018 Werbung in Vancouver?
Wir werden im Deutschen Haus in Vancouver und auch in Whistler präsent sein. Außerdem lernen die Kollegen, die im Bewerbungsprozess stehen, im offiziellen Beobachterprogramm hautnah vor Ort aus den Prozessen, die dort ablaufen. Wir nutzen auch die Zusammenkunft der olympischen Familie, um unsere Bewerbung und die Vorteile Münchens darzustellen.

Olympische Winterspiele wurden in den vergangenen Jahren mit Salt Lake City, Turin und Vancouver an immer größere Städte vergeben. Ist der Gigantismus nicht mehr aufzuhalten?
Nein, den erkenne ich nicht. Wir haben mit Skicross nur eine neue Disziplin in Vancouver dabei. Wenn das Programm und die Anzahl der Athleten gleich bleiben, müssen die Bewerberstädte die gleichen Transportkapazitäten aufweisen wie früher, egal ob groß oder klein. Es ist aber auch eine Frage der Attraktivität, der Fähigkeit dieser Städte, die Spiele leben zu lassen: nicht nur sportlich, sondern auch kulturell. Auch da bietet München beste Voraussetzungen.


Zahlen & Fakten

Nach Montreal im Jahr 1976 und Calgary 1988 ist Vancouver die dritte kanadische Stadt, die Olympische Spiele veranstaltet.

Schon 1968 und 1976 hatte sich der Bergort Whistler erfolglos um die Ausrichtung beworben.

Vancouver gehört zum Regionaldistrikt Metro Vancouver, der mit rund 2,25 Millionen Einwohnern die größte Metropolregion Westkanadas und die drittgrößte des Landes bildet.

In Vancouver selbst werden Eishockey, Shorttrack, Curling und Eiskunstlauf in insgesamt vier Hallen ausgetragen.

Im Vorort Richmond treten die Eisschnellläufer an, im 30 km entfernten West Vancouver die Ski-Freestyler und Snowboarder.

125 km nördlich liegt Whistler, wo die alpinen und nordischen Skiwettbewerbe stattfinden. Auch die Bob-, Rodel- und Skeletonbahn befindet sich hier.

Die Athleten kämpfen in 15 Sportarten um Medaillen.

Die 1014 Gold-, Silber- und Bronzeplaketten sind nicht rund und gewellt. 576 Gramm wiegt jede einzelne.

2500 Dopingkontrollen sollen 2010 durchgeführt werden. Die Anzahl bedeutet fast eine Verdopplung der Kontrollen gegenüber Turin 2006.

Es gibt zwei olympische Dörfer, eines am False Creek in Vancouver und eines in Whistler.

Das Athletendorf in Vancouver wird mit 815 Millionen Euro teurer als geplant. 645 Millionen Euro waren veranschlagt.

In Kanada wartet auf die olympische Flamme der längste inländische Fackellauf der Geschichte: über 45 000 Kilometer. 12 000 Läufer nehmen daran teil. Am 12. Februar 2010 trifft die Fackel zur Eröffnungsfeier im 60 000 Zuschauer fassenden Pacific Coliseum ein.

nme

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