Ein Stadion voller Tränen
Anrührender Abschied von Robert Enke: 40 000 bei der Trauerfeier in Hannover
Eine Stadion voller Tränen und Trauer – und im Mittelkreis der Sarg von Robert Enke: 40 000 Menschen gedachten des toten Fußball-Torwarts in einer Abschiedszeremonie. Bei der größten Trauerfeier, die es je für einen deutschen Sportler gegeben hat, herrschte am Sonntag in Hannovers Arena eine bisher ungekannte Stadionatmosphäre: Friedliche Andacht, viel Stille, Trauermusik, einfühlsame Reden. Aber auch mit lang anhaltender Beifall – etwa als DFB-Präsident Theo Zwanziger sagte: »Fußball ist nicht alles!« Oder als Enkes ehemalige Mitspieler von Hannover 96 den Sarg aus dem Stadion trugen.
Dort, wo sonst gejubelt und gefeiert oder auch gepfiffen und geflucht wird, dort herrschte zunächst Ruhe. »Seit Dienstagabend verharrt Hannover in tiefer Trauer«, sagte Oberbürgermeister Stephan Weil. »Es ist sehr still in Hannover, aber gleichzeitig ist die Stadt zusammengerückt.«
Fußballähnliche Atmosphäre kam auf, als eine Viertelstunde vor Beginn der Zeremonie die Nationalspieler und mehrere Funktionäre wie DFB-Chef Zwanziger und Franz Beckenbauer das Stadion betraten. Das Publikum klatschte – und schwieg, während Enkes Freunde Michael Ballack und Per Mertesacker den Kranz der Nationalmannschaft niederlegten und anschließend alle Spieler am hellbraunen Sarg des achtmaligen Nationaltorhüters innehielten. Der Sarg und mehrere Kränze standen im Mittelkreis. Genau da, wo Enke noch vor einer Woche beim Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV als Kapitän von Hannover 96 bei der Platzwahl gestanden hatte.
Der Beifall wirkte ein wenig wie eine kleine Befreiung für die Fans, die ihre Gefühle und ihr Beileid nicht anders ausdrücken konnten. Etwas unsicher und verhalten zu Beginn, später immer lauter und länger. Deutlich wurde das an verschiedenen Stellen der Trauerreden. Ganz besonders, nachdem Zwanziger der Witwe für ihre öffentliche Erklärung bei einer Pressekonferenz am Mittwoch gedankt hatte, bei der sie von den Depression ihres Mannes und dem langen Leidensweg berichtet hatte, der letztlich zum Selbstmord führte.
Selbst hartgesottene Fans in der Nordkurve konnten und wollten ihre feuchten Augen nicht verbergen.
»Es war der Wunsch von Teresa Enke, dass sich die vielen Fans in einem adäquaten Rahmen von Robert verabschieden können. Das wäre auf einem kleinen Friedhof nicht möglich gewesen«, erklärte 96-Pressechef Andreas Kuhnt in Richtung all jener, die sich fragten, ob diese Form der Trauerfeier übertrieben war. Nachdem bereits am Mittwoch 35 000 Menschen schweigend zum Stadion gegangen waren und ihre Anteilnahme ausgedrückt hatte, war eine kleinere Lösung undenkbar. Der Friedhof in Empede, wo bereits Robert Enkes früh gestorbene Tochter liegt, wäre auf jeden Fall zu klein gewesen für einen würdigen Abschied von Familie und Fans. dpa/ND
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