Weihnachten

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 2 Min.

In älteren Kalendern wird das Jahresendgeschenkefest noch Weihnachten genannt, was in unserer heutigen Kultur nur noch in der Form vorkommt, dass Schriftsteller und Kolumnisten sich darüber beklagen, wie sehr der Weihnachtsstress sie plagt und wie der Konsumrausch sie nervt.

Auch Radiostationen, die damit ausgelastet sind, alle halbe Stunde das Wetter und die Staumeldungen zwischen die Musik zu schieben, nehmen die fünf offiziellen Poptitel mit Weihnachtsbezug ins Programm und lassen ansonsten ihre Gute-Laune-Trottel darüber moderieren, dass man auf dieser Frequenz mal endlich vom stressigen Weihnachtszwang entlastet werde. Fernsehen und Kino bringen Filme, mit denen sie zeigen, dass sie sich was trauen, und die haben Titel wie »Schrille Nacht« oder »Rohe Weihnachten«, sofern diese Titel nicht bereits belegt sind von Büchern aus der Anti-Weihnachts-Sparte.

Die Einkaufspassagen halten sich mit weihnachtlicher Dekoration zurück, um die Leute nicht zu verschrecken, die von Weihnachtlichkeiten überlastet sind. Schon gar nicht kommt ein Weihnachtsmann zum Einsatz, der den Kindern unter Verletzung des Datenschutzes die informationelle Selbstbestimmung raubt und über ihr Verhalten im letzten Jahr Auskunft verlangt oder sie gar frustriert, indem er sie befragt, ob sie Titel von Gedichten aufsagen könnten. Stattdessen hat die Werbeabteilung sich ausgedacht, modisch aufgepeppte Nikolausinnen tanzen zu lassen, um das weihnachtliche Einerlei aufzulockern.

Der Kampf gegen Weihnachtsstress beginnt sogar bei den Kindergartenkindern. In einigen Städten sind die kommunalen Kindertagesstätten angewiesen, nichts Weihnachtliches zu veranstalten. Man kann den Kindern von heute nicht die frustrierende Erkenntnis zumuten, dass der Weihnachtsmann nicht existiert und nur die Fiktion religiöser Fanatiker war.

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