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Ecuador begleicht »historische Schuld«

Regierung unter Präsident Rafael Correa verteilt Tausende Hektar Land an arme Bauern

  • Benjamin Beutler
  • Lesedauer: 3 Min.
»Plan Tierra« heißt das Programm, mit dem Ecuadors Linksregierung die ungleiche Verteilung des Bodens und die Armut auf dem Lande mildern will.

»Diese 12 000 Hektar gehen in die Hände der Bauern über«, erklärte Landwirtschaftsminister Ramón Espinel, als er jüngst in der nordwestlichen Küstenregion Esmeraldas Eigentumstitel an insgesamt 1850 landlose Familien übergab. »Jetzt hat der Umverteilungsplan richtig begonnen, den das Land so dringend braucht.«

Ende Juli hatte Präsident Rafael Correa das Programm per Dekret in Kraft gesetzt, das die ungleiche Landverteilung Schritt für Schritt verändern will. Über 50 000 Hektar wolle man in Zukunft enteignen. Möglich ist diese Zwangsmaßnahme, wenn Ländereien mindestens zwei Jahre lang keinerlei »Funktion für Gesellschaft oder Umwelt« erfüllen. Die Weitergabe an Bauern ist Pflicht. »In drei Monaten wurden schon rund 7000 Eigentumstitel vergeben, weitere 12 000 sollen folgen«, versprach der Minister. Rund 130 000 Hektar befinden sich nach Regierungsangaben schon jetzt in Staatshand und warten auf die Weitergabe.

Die regierende »Alianza País« hat sich nicht weniger als die Begleichung der »historischen Schuld« an den armen Bauern und den vom Staat Vergessenen auf die Fahnen geschrieben – und scheint langsam ernst zu machen. Dabei werde man so radikal wie nie in der Geschichte des Landes vorgehen. Es seien eben diese »Männer und Frauen, die allen Ecuadorianern zu Essen geben«, argumentierte Espinel.

Tatsächlich ist das Land mit seinen 13 Millionen Einwohnern auch heute noch von der Landwirtschaft geprägt, wenn man vom Erdölgeschäft absieht. Um so paradoxer sei es, dass die größte Armut auf dem Land herrscht, findet der studierte Agrarökonom Espinel, der auch schon Gastprofessor an der Humboldt-Universität Berlin war. Seit er im Juli sein Amt im Agrarministerium angetreten hat, beschwört er die Notwendigkeit eines »Wandels der Agrarstruktur«. Nur so könne die Bekämpfung der Armut gelingen.

Die Zahlen sprechen für sich. Nur zwei Prozent der Landgüter sind größer als 100 Hektar, vereinen aber mehr als 64 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Ecuadors auf sich, besagt die jüngste Erhebung aus dem Jahr 2000. Dem gegenüber steht eine Mehrzahl kleinerer Betriebe mit Flächen unter zehn Hektar, die aber nur elf Prozent der nutzbaren Felder bewirtschaften. Im Andenhochland ist der Großgrundbesitz ein altes Erbe aus Kolonialzeiten. Im Küstengebiet dagegen hat erst die Anlage riesiger Kakaoplantagen ab Ende des 17. Jahrhunderts die Ungleichheit zementiert.

Allein mit Land ist den Bauern freilich nicht geholfen. Die Nationalbank für Entwicklung will darum 80 Millionen US-Dollar an Krediten bereitstellen. Mit technischer Beratung, Saatgut und Maschinen gedenkt das Landwirtschaftsministerium den über zehntausend Familien, die vom »Plan Tierra« profitieren sollen, Starthilfe zu geben. Gerade jetzt käme Präsident Correa ein Erfolg gelegen. Denn seine Regierung steht mit der Indigenen-Dachorganisation CONAIE wegen eines strittigen Wasser- und Bergbaugesetzes in Verhandlungen. Bei einem Scheitern drohen dem Land im neuen Jahr schwere Proteste. 2000 und 2005 hatte CONAIE für den Sturz konservativer Präsidenten gesorgt.

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