»Satire« ist kein Weg aus Nepals Sackgasse

Maoisten beenden Parlamentsboykott

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 2 Min.
Nepals Verfassungskonvent, der bis zur Annahme eines neuen Grundgesetzes als Parlament fungiert, kann wieder normal arbeiten: Die Maoisten haben ihren Boykott aufgegeben. Doch damit ist die politische Krise nicht beendet.
Expremier Prachanda und Nachfolger Kumar Nepal (r.) Fotos: AFP
Expremier Prachanda und Nachfolger Kumar Nepal (r.) Fotos: AFP

Rakam Chemjong, Minister für Frieden und Wiederaufbau, klagte am Dienstag die drei größten Parteien des Landes an, gegen den Geist des Friedensabkommens von 2006 zu arbeiten. Er appellierte an die Vereinte KPN (Maoistisch), den Nepali Congress und die KPN (Ver- einte Marxisten und Leninisten), das Land in »diesen kritischen Zeiten des Umbruchs« endlich aus der Sackgasse zu führen und die neue Verfassung pünktlich vorzulegen. Als kleiner Schritt in diese Richtung gilt, dass die Maoisten vor vier Monaten begonnenen Boykott der Volksvertretung, in der sie die stärkste Fraktion stellen, am 23. Dezember beendet haben. Allerdings kündigte die KPN (M) zugleich die vierte Phase ihres Protestfeldzugs gegen die Koalitionsregierung von Premier Madhav Kumar Nepal an. Ziel sei die politische Aufklärung der Massen über die »Sicherung ziviler Oberhoheit und nationaler Souveränität gegen ausländische Einmischung«. Lenkt die Regierung nicht ein, drohen die Maoisten mit einem unbegrenzten Generalstreik ab 24. Januar.

Kurz vor Weihnachten, zum Ende der dritten Phase des Protestes, mit dem die Maoisten die Bildung einer von ihnen geführten Regierung der nationalen Einheit durchsetzen wollen, ging Parteichef Pushpa Kamal Dahal Prachanda auf einer Kundgebung noch einmal in die Vollen. Er bezeichnete die Koalitionsregierung als »ferngesteuerten Roboter«, der zu eigenen Entscheidungen nicht fähig sei. Indien sei der wahre Herr der regierenden Parteien Nepals. Deshalb sei es für die Maoisten sinnvoller, gleich direkt mit Delhi zu verhandeln. Indien als »imperialistischer« Strippenzieher stelle das Haupthindernis bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung und für den Friedensprozess dar. Alle ungleichen Verträge mit dem Nachbarn müssten annulliert werden.

Das veranlasste Regierungschef Madhav Kumar Nepal zu einer scharfen Erwiderung: Prachandas Tirade komme einem Aufruf zu ausländischer Intervention gleich. Die Nepaler könnten ihre Probleme selber lösen. Er wolle gleichberechtigte Beziehungen zu Indien und zu China, dem anderen Nachbarn. Überdies behauptete der Premier, die Maoisten, die nach ihrem Wahlsieg 2008 bis Mai 2009 die Regierung führten, hätten das Volk lediglich zu Anarchie und Gesetzlosigkeit aufgestachelt. Das Politbüro der KPN (VML) setzte nach, Prachanda spiele sich als Patriot auf und verdecke damit nur seinen »antinationalen Charakter«.

Auch die anderen Parteien äußerten sich empört. Angesichts der geharnischten Kritik versuchte Prachanda gleich danach, den Medien den Schwarzen Peter zuzuschieben. Sie hätten seine Ausführungen verdreht wiedergegeben. Andere Parteiführer erklärten, ihr Vorsitzender habe das nicht im Ernst gemeint, sondern wollte seine Bemerkungen »satirisch« verstanden wissen. Mit Satire und Provokationen, von wem auch immer, wird Nepal jedoch kaum den Weg aus der Krise finden.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.