Deutsche Skispringer lecken ihre Wunden

Vierschanzentournee: Beim Sieg von Andreas Kofler fliegen DSV-Adler der Spitze hinterher

  • Eric Dobias, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Seelenmassage statt Donnerwetter: Nach der Auftaktpleite bei der Vierschanzentournee arbeitete Bundestrainer Werner Schuster das Debakel mit seinen gerupften »Adlern« im stillen Kämmerlein auf. »Wir haben uns nicht betrunken, und ich habe auch nicht draufgehauen. Ich habe Einzelgespräche geführt, denn die Gemütslage bei den Jungs war sehr unterschiedlich«, berichtete Schuster.

Am Tag nach dem fast kollektiven Absturz in Oberstdorf war der Trainer sichtlich bemüht, keine Untergangsstimmung aufkommen zu lassen. »Die Moral ist weiter hoch, die Tournee vernünftig fortzusetzen. Das fordere ich von den Athleten auch ein«, sagte Schuster. Er will mit aller Macht verhindern, dass durch das Negativerlebnis sein gesamtes Konzept infrage gestellt wird. Der Weg zurück an die Weltspitze, die in Oberstdorf etwas überraschend der Österreicher Andreas Kofler verkörperte, erfordere einen langen Atem sowie viel Geduld und Zeit, warb Schuster um Vertrauen.

Weitere Rückschläge seien dabei nicht auszuschließen. »Vielleicht ist der Tiefpunkt noch gar nicht erreicht. Wir dürfen auf keinen Fall in Hysterie verfallen. Jetzt sind Ruhe und Geradlinigkeit gefragt«, mahnte er. Die Rückkehr an die Spitze wird durch den Generationenwechsel im deutschen Team zusätzlich erschwert. Routiniers wie Martin Schmitt, Michael Uhrmann oder Michael Neumayer werden langsam zu Auslaufmodellen und müssen durch aufstrebende Talente ersetzt werden. Ganz verzichten kann Schuster auf die Arrivierten allerdings nicht. »Wenn ich sie nicht hätte, wäre es zappenduster. Doch das ist eine auslaufende Generation, die zwar noch zu guten Ergebnissen fähig ist, aber nicht mehr konstant«, beschrieb der Bundestrainer die schwierige Lage. Ihm habe es sehr wehgetan, »dass wir den Fans als Team nicht das geboten haben, was wir eigentlich können«. In Garmisch-Partenkirchen, wo die Mannschaft durch sechs Springer aus der nationalen Gruppe zumindest quantitativ verstärkt wird, erwartet er eine Trotzreaktion. »Wir müssen uns schnell wieder aufrappeln.«

Bis zum Neujahrsspringen wird Schuster vornehmlich als Psychologe gefordert sein. Denn mit Ausnahme von Pascal Bodmer, der mit Platz zwölf »sehr zufrieden« war, hatten die DSV-Springer an dem unerwarteten Rückschlag heftig zu knabbern. Während Vizeweltmeister Schmitt (23.) lediglich die nötige »geistige Frische« bei sich vermisste, wollte Uhrmann (50.) sogar schon einen Haken an die Tournee machen, was Schuster nicht zulassen will. Er setzt vielmehr auf einen Umkehreffekt: »Vielleicht wirkt das Ergebnis befreiend. Die Stimmung ist intakt. Wir sind stärker und werden das beweisen.«

Ergebnisse: 1. Springen in Oberstdorf:

1. Kofler (Österreich) 265,2 Pkt.
2. Ahonen (Finnland) 253,3
3. Morgenstern (Österreich) 250,3
4. Loitzl (Österreich) 245,4
5. Ammann (Schweiz) 236,6
12. Bodmer (Meßstetten) 226,9
23. Schmitt (Furtwangen) 190,8

Weltcup-Gesamtwertung:

1. Ammann 469 Pkt.; 2. Schlierenzauer 411, 3. Kofler 376, 7. Bodmer 210.

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