Die Natur arbeitet mit
UNO-Jahr der Biodiversität: Dienstleistungen der Umwelt nicht umsonst
In den letzten 50 Jahren haben die Menschen die Ökosysteme schneller und umfangreicher verändert als jemals zuvor in vergleichbaren Zeiträumen. Grund war vor allem die schnell wachsende Nachfrage nach Energie, Nahrung, Wasser, Holz und anderen Rohstoffen.
Dass dabei Ökosysteme zerstört wurden, nahm man billigend in Kauf. Viel zu lange wurde übersehen, dass die Veränderung von Ökosystemen auch ganz konkrete gesundheitliche und wirtschaftliche Verluste bedeuten kann. Die Biologin Gretchen Daily von der kalifornischen Stanford University hat 1997 die Dienstleistungen der Ökosysteme als Güter und Leistungen definiert, die dem Menschen durch die Umwelt bereitgestellt werden. Zwischen 2001 und 2005 haben mehr als 1360 Experten weltweit die Folgen des Wandels der Ökosysteme für den Wohlstand der Menschheit untersucht. Gemäß diesem »Millennium Ecosystem Assessment« lassen sich die Dienstleistungen der Natur in mehrere Kategorien einteilen.
Nehmen wir einen Weinberg: Am sichtbarsten sind die Versorgungsleistungen – der Weinberg liefert Trauben und Brennholz. Gleichzeitig reguliert die Natur sich selbst: Im Weinberg tragen Kultur- und Wildpflanzen zur Stabilisierung des Standortklimas und des Wasserhaushaltes sowie zur Reinigung von Luft und Wasser bei. Drittens stellt die Natur Kulturleistungen zur Verfügung: Ein Weinberg hat auch einen ästhetischen Wert. Schließlich laufen in der Natur Prozesse, die andere Ökosystemdienstleistungen aufrechterhalten. Dazu gehören die Photosynthese, Bodenbildung und Bestäubung.
Eine Forschergruppe um den US-amerikanischen Umweltökonomen Robert Costanza wagte vor zehn Jahren den Versuch, den Gesamtwert der Ökosystemdienstleistungen und -güter zu schätzen: Ihre Schätzung belief sich auf 33 Billionen US-Dollar pro Jahr, während das weltweite Bruttosozialprodukt zum Zeitpunkt der Studie etwa 18 Billionen US-Dollar pro Jahr betrug. Eine andere Studie macht darauf aufmerksam, dass die Kosten, die bei Verzicht auf Schutz der Biodiversität anfallen würden, sich bis zum Jahr 2050 auf 14 Billionen US-Dollar belaufen würden.
Umweltökonomen sind überzeugt, dass Naturschutz nur dann effektiv in das bestehende Wirtschaftssystem integriert werden kann, wenn der Wert von Biodiversität auch ökonomisch greifbar ist. Wie das aussehen würde, zeigt das »Business and Biodiversity Offset Programme«, an dem neben dem UN-Umweltprogramm auch die US-Entwicklungshilfe USAID und Rohstoffkonzerne wie Rio Tinto und Shell teilnehmen. Es erlaubt international tätigen Firmen, Schäden an Biodiversität und Ökosystemen, die durch ihre Geschäftstätigkeit entstehen, freiwillig und in unmittelbarer Nähe des Schadens zu kompensieren. Allerdings ist wegen der Komplexität von Wertschöpfungsketten der genaue Ort des Schadens häufig nicht bekannt. Umso mehr gilt es, möglichst rasch praktikable Modelle zur Evaluierung ökologischer Dienstleistungen zu entwickeln und diese zügig in die Praxis umzusetzen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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