Hauswald lässt Knoten platzen
Erster Saisonsieg für deutsche Biathleten
»Mit einer Startchance bei Olympia sieht es dieses Jahr wohl etwas besser aus«, hatte sich Simone Hauswald vor zwei Tagen noch vorsichtig ausgedrückt. 2006 in Turin hatte sie sehr schmerzhafte Tage erlebt, denn sie musste sich die Rennen vor dem Fernseher anschauen, war nur als »Touristin« nach Italien gereist. Auch wenn sich Bundestrainer Uwe Müssiggang noch nicht festlegt, wer im Februar in Whistler laufen darf, an Simone Hauswald kommt er seit gestern kaum noch vorbei. Die Gosheimerin ließ in Oberhof den Knoten platzen und sorgte endlich für den ersten deutschen Sieg der Saison. Eine bessere Bewerbung hätte sie nicht abgeben können.
Bei böigem Wind behielt Hauswald am Schießstand die Nerven und traf zehn von neun Schüssen. »Ich wusste, dass schwierige Bedingungen herrschen, aber die hatte jeder«, so die glückliche Siegerin, die zwar »um jeden Schuss kämpfen« musste, trotzdem aber schneller schoss als fast alle direkten Kontrahentinnen. Dabei wich sie sogar von ihrer normalen Trefferreihenfolge ab. »Ich habe einfach dort abgedrückt, wo der Wind meine Waffe hinschob. Ich habe mit dem Wind gespielt und nicht gegen ihn angekämpft«, erklärte die Vizeweltmeisterin.
Die einzige, die der nun vierfachen Weltcupsiegerin gefährlich wurde, war die Gesamtweltcupführende Helena Jonsson. Die Schwedin kam ebenfalls mit nur einem Fehler durch, war aber 8,7 Sekunden langsamer als Hauswald. »Dabei hatte mir mein Trainer Wolfgang Pichler noch gesagt, dass meine Form nicht so gut sei.«, so Jonsson lächelnd. »Aber ich hatte auch Glück beim Schießen, weil es gerade windstill war.«
Kati Wilhelm rundete das gute deutsche Ergebnis mit Platz vier ab. »In der Loipe lief es so, wie ich es mir erhofft hatte«, sagte Wilhelm. Nach einem fehlerfreien Liegendschießen wäre sogar der Sieg möglich gewesen. Doch im zweiten Anschlag ließ sie zwei Scheiben schwarz, woran ihre Fans nicht ganz unschuldig waren. Um sich vor dem Wind zu schützen, war Wilhelm auf eine Außenbahn ausgewichen. Dort stand sie allerdings in Hörweite der Zuschauer. »Da hab ich mir einige gut gemeinte Kommentare anhören müssen, wie ›Los, das schaffst Du!‹ oder ›Ganz ruhig bleiben!‹ Da kriegst du einen Vogel«, ärgerte sich Wilhelm über ihre Entscheidung.
Im Kampf um den letzten Olympiaplatz war Tina Bachmann (Schmiedeberg) als 14. erneut besser als Juliane Döll (Oberhof), die mit vier Fehlern nur 48. wurde. Noch schlimmer traf es Andrea Henkel, die stehend alle Scheiben verfehlte. »Die Bedingungen waren beherrschbar. Da musste man nicht fünfmal daneben schießen. Ich muss es abhaken. Leider musste ich in dieser Saison schon viel abhaken«, sagte die Großbreitenbacherin. Magdalena Neuner (Wallgau) konnte mit einem Hexenschuss durch einen Sturz nicht starten. Ob sie am Sonntag läuft, war gestern noch ungewiss.
Simone Hauswald ist indes ganz oben angekommen – ein Ergebnis ihrer Turiner Tage. Die hätten sie geprägt und noch härter an sich arbeiten lassen, sagt sie. Nach dem gestrigen Sieg glaubt sie aber noch immer nicht hundertprozentig an einen Olympiaeinsatz 2010: »Ich habe mich mit einem guten Ergebnis angeboten. Das ist das Einzige, was wir Athleten tun können, um es den Trainern leichter zu machen.« Uwe Müssiggang wird ihr sicher dankbar sein.
Frauen Sprint 7,5 km: 1. Hauswald (Gosheim) 22:15,1 min/1 Schießfehler, 2. Jonsson (Schweden) + 0:08,7/1, 3. Flatland (Norwegen) + 0:17,5/1, 4. Wilhelm (Zella-Mehlis) + 0:41,5/2, 14. Bachmann (Schmiedeberg) + 1:20,4/3, 36. Beck (Mittenwald) + 2:17,6/3, 38. Henkel (Großbreitenbach) + 2:24,2/6, 48. Döll (Oberhof) + 2:57,2/4.
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