»Museum der Erinnerung« in Chile
Gedenkstätte für Opfer und Widerstand während der Pinochet-Diktatur
»Die Tragödie umfasst die Verneinung und das Ausblenden des Schmerzes durch Gefangenschaft oder Tod. Dazu gesellten sich die Grausamkeit und die Lüge, der Hass und die Gleichgültigkeit, der Fanatismus und die Intoleranz«, so Michelle Bachelet in ihrer Einweihungsrede. Das Museum ist ein persönliches Anliegen der im März aus dem Amt scheidenden Präsidentin. Bachelet selbst war zusammen mit ihrer Mutter 1975 einige Monate in dem berüchtigten Foltergefängnis Villa Grimaldi eingesperrt worden. Danach ging sie unter anderem in die DDR ins Exil. Das Museum solle dazu beitragen, dass sich »die Verachtung der Menschenrechte nie wiederholt«, sagte Bachelet schon beim Baubeginn am 10. Dezember 2008.
In dem 5600 Quadratmeter umfassenden Neubau werden mehr als 40 000 Gegenstände und Dokumente, darunter Fotos, Ton- und Filmaufnahmen sowie Erinnerungstücke aus der Zeit der Diktatur, gezeigt. Dazu gehören auch die Handarbeiten von Gefangenen und aus den Gefängnissen geschmuggelte Nachrichten. Zahlreiche Überlebende und Familienangehörigen von Opfern haben unaufgefordert mit persönlichen Dingen an die Repression und den Widerstand erinnert und zur Ausstellung beigetragen.
»Die Einweihung dieses Museums ist ein großes Zeichen der Stärke eines vereintes Landes«, betonte die Präsidentin. Wiederholt sprach Bachelet von einem Museum für die ganze Gesellschaft. Auch 20 Jahre nach dem Ende der Diktatur teilt die Erinnerung und die Einschätzung der Ereignisse von damals die Gesellschaft und die Familien. Von Rechts wurde offen und heftig die Beschränkung auf die Zeit der Diktatur angegriffen. Was damals passierte, »kann viele Erklärungen haben, aber nicht eine einzige Rechtfertigung«, entgegnete Bachelet auf die Kritik, die Zeit vor der Diktatur und ihre Entstehungsgründe auszublenden.
Während der feierlichen Eröffnung war es zu einem Zwischenfall gekommen. Zwei junge Mapuche-Frauen waren auf einen Beleuchtungsmast geklettert und unterbrachen für Minuten die Präsidentin mit Rufen nach Einhaltung der Menschenrechte gegenüber ihrem Volk. Eine ist die Schwester von Matías Catrileo, der im Alter von 23 Jahren bei einer Landbesetzung im Jahr 2008 von der Polizei erschossen wurde. Für ihre Politik gegenüber den Mapuche und die Anwendung der Anti-Terrorgesetze aus der Zeit der Diktatur gegen deren Protestaktionen wird Michelle Bachelet auch international kritisiert. Die protestierenden Frauen wurden vorübergehend festgenommen.
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