Brand fordert Kampf um goldene Ananas
Handball-EM: Vor Spiel gegen Spanien hat deutsche Mannschaft keine Chance mehr auf das Halbfinale
Ach, aus dem Turnier ausgeschieden? »Wusste ich noch gar nicht«, bekannte Torsten Jansen am gestrigen Morgen im Mannschaftshotel »Grauer Bär«, etwas verschlafen. Der Linksaußen vom HSV Hamburg hatte die arithmetische Variante ignoriert, welche die Hauptrundengruppe II der Handball-EM tags zuvor noch bot. Nach der deutschen 22:24-Niederlage gegen Frankreich hätte Slowenien gegen Tschechien (35:37) Remis spielen müssen, dann hätte der Weltmeister von 2007 auch vor der heutigen Partie noch eine Chance besessen, mit 5:5 Punkten das Halbfinale zu erreichen. So hielt sich die Trauer in Grenzen. »Das Halbfinale wäre ein utopisches Ziel gewesen«, sagte Torwart Johannes Bitter.
Die Partie gegen den wackligen Olympiasieger könnte als Blaupause für das ganze Turnier herhalten. Erneut leistete sich das Team von Bundestrainer Heiner Brand fatale technische Fehler. Erneut brach sie furchtbar ein, diesmal direkt nach der Pause, als Frankreich mit seinen starken Individualisten auf 17:10 davon zog. Erneut startete Deutschland, mit großer Moral ausgestattet, eine furiose Aufholjagd, die man mit weiteren Ballverlusten selbst stoppte. »Selten war die Chance so hoch, gegen Frankreich zu gewinnen«, resümierte Jansen. »Frankreich ist derzeit keine Übermannschaft«, meinte Bitter. Auch Kreisläufer Christoph Theuerkauf (Magdeburg) sinnierte noch über die verpassten Chancen: »Hätten wir nicht all diese Fehler gemacht, dann wäre sogar das Halbfinale möglich gewesen.«
So aber geht es heute gegen Spanien laut Jansen »um die goldene Ananas«. Ein Freundschaftsspiel auf hohem Niveau aber werde es nicht geben, versprach der erfahrenste Internationale. »Das hier ist eine EM, und wir werden versuchen, das beste Ergebnis zu erzielen«, spornte der 33-Jährige seine Kollegen an. Zwei Siege und der noch mögliche Platz Fünf sind auch die Ziele für Bitter, der in Österreich zu den stabilsten deutschen Profis zählt. »Das wäre ein schöner Erfolg für uns.«
Brand kündigte an, die verbleibenden Partien gegen Spanien und Tschechien mit der gleichen Intensität anzugehen. »Es gibt keinen Grund, irgendwo nachzulassen«, sagte der 57-Jährige. Er werde auch »entsprechende Zeichen setzen«, damit die Konzentration nun, da die Medaillenchance dahin ist, nicht nachlasse. Die Spieler wüssten, »dass sie Verantwortung für den deutschen Handball haben.« Diese Aussagen sind als Warnung zu verstehen: Brand hasst es, wenn in Länderspielen nicht die nötige Einstellung an den Tag gelegt wird. Noch in eindrücklicher Erinnerung ist Brands brüske Maßnahme nach der EM 2008, die Nationalspieler Lars Kaufmann, Rolf Hermann und Michael Kraus zu suspendieren.
Brand machte sich bereits Gedanken über die Ursache der vielen einfachen Fehler, die den Gesamteindruck bei der EM bislang prägten, die aber untypisch sind für seine Mannschaften. »Viele Profis spielen zwar schon lange in der Bundesliga, aber ihnen fehlt die Erfahrung bei einem solchen Turnier, sie kennen nicht diese Drucksituationen«, analysierte der Bundestrainer. Der nahe liegenden Frage, inwiefern die Bundesliga für diese Mängel verantwortlich sei, ging er aus dem Weg. Er müsse mit den Spielern arbeiten, die da seien, brummelte Brand in seinen Schnauzbart. Eine Diskussion mit der Liga braucht Brand nicht. Auch er will sich konzentrieren auf die letzten Spiele in Österreich.
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