Tabubruch Depression
Charité zeigt Deutschlandpremiere einer Langzeitdoku
In seinem früheren Leben war Olaf ein Boxer. Hart im Nehmen. Einer, der Schläge einstecken konnte, sich nach Niederlagen immer wieder aufraffte. Dieser Berg von einem Mann sitzt nun zusammengesunken auf einem Stuhl und sucht nach Worten. »Es fängt an mit einem Gefühl der Leere, der Frage: Warum? Irgendwann stellt man sich die Frage: Warum lebst Du überhaupt noch?«, bringt er dann hervor und sein Blick schweift durch den Raum. Gregor Theus fängt ihn ein. Zwei Jahre lang hat der Kölner Filmemacher drei schwer depressive Patienten in der Berliner Charité-Klinik für Psychiatrie begleitet.
Sein Film »Schattenzeit«, die erste Langzeitdoku dieser Art überhaupt, zeigt Hoffnung, aber auch schonungslos die ganze Brutalität der Krankheit und erlebt am Montag in Berlin seine Deutschlandpremiere. »Es ging mir darum, einen ehrlichen Film aus Sicht der Betroffenen zu machen. Das geht nicht innerhalb von zwei Wochen«, sagte Theus. Auf Umwegen war der Student der Kunsthochschule für Medien in Köln auf sein Thema gestoßen. »Zuerst ging es mir nur um die Elektrokrampftherapie. Seit dem Film ›Einer flog übers Kuckucksnest‹ war das für mich eine echte Horrorvorstellung. Und dann erfuhr ich, dass es das immer noch gibt.«
Theus recherchierte, fuhr nach Berlin in die Charité und schaute sich um – aus einem Kurzbesuch wurde ein mehrmonatiges Praktikum. »Je länger ich da war, desto klarer wurde mir, dass die Depression das eigentliche Thema war. Diese Krankheit kann wirklich jeden treffen«, sagt Theus.
Lange kämpfte er darum, an der Charité eine Drehgenehmigung zu bekommen. Den Ausschlag gab schließlich sein erster Film: Eine Dokumentation über Alzheimerkranke, die bereits auf mehreren Festivals Preise bekam und die Berliner überzeugte. Theus, der den Film alleine finanziert und produziert hat, freut sich besonders über eines: »Alle drei Patienten sind heute auf dem Weg der Besserung.«
»Schattenzeit« wird am 1. Februar, im Rahmen einer großen Charité-Infoveranstaltung über Depressionen in der Berliner Urania erstmals um 17.30 Uhr gezeigt.
Weitere Informationen: www.urania.de
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