»Wir waren zu früh«
»Metropolis«, die DEFA und der Name Jahnke – der fehlt ...
Ekkehard Jahnke. In den offiziellen Reden zur Wiederaufführung von Fritz Langs »Metropolis« heute Abend im Friedrichstadtpalast wird der Name dieses Filmwissenschaftlers und Mitarbeiters des Staatlichen Filmarchivs wohl ebenso fehlen wie Mitte Januar zur Eröffnung der Ausstellung zu dem Event im Berliner Filmmuseum durch Kulturstaatsminister Bernd Neumann.
Dabei war Jahnke der erste, der sich Ende der 60er Jahre an eine Rekonstruktion des Klassikers wagte. Für die jahrelange mühselige Puzzlearbeit konnte er auf alle damals bekannten Materialien zugreifen, die aus Filmarchiven aller Welt kamen. Auch der Regisseur selbst war einbezogen. Lang bestätigte, dass es drei unterschiedliche Fassungen des Films für die verschiedenen Märkte gab und dass die amerikanische Schnittversion seiner Intention am nächsten käme.
»Metropolis« wurde 1972 beim FIAF-Kongress wieder aufgeführt – unbeachtet von der Öffentlichkeit, wie sich Jahnkes Chef Wolfgang Klaue, Direktor des Archivs von 1969 bis 1990, erinnert. »Wir waren wohl zu früh.« Nicht nur durch die mangelnde internationale Resonanz blieb es die einzige spektakuläre Rekonstruktion eines Klassikers in der DDR. Ekkehard Jahnke starb viel zu zeitig, aber vor allem, erzählt Klaue, »war es wenig stimulierend, was wir dann erlebten, wenn wir diese Schätze aufführen wollten. Klubhäuser und andere Institutionen lehnten ab, das DEFA-Orchester wollte die Aufführungen nicht begleiten, das Fernsehen hatte kein Interesse.«
Auf der Fassung von Jahnke bauten die weiteren Rekonstruktionen auf. »Für das Detail, den einzelnen Film konnten wir aber nicht den gleichen Aufwand treiben wie kleine, spezialisierte Institutionen wie das Filmmuseum in München, wo Enno Patalas sich ausgiebig der Rekonstruktion von ›Metropolis‹ widmen konnte«, zieht Wolfgang Klaue, in den 80er Jahren auch Chef der Fédération International des Archive du Films, einen Vergleich.
Mit schon ein wenig Neid hat Klaue die weitere Entwicklung beobachtet. Was die Würdigung der Lebensleistung der Mitarbeiter des DDR-Filmarchivs betrifft, ist er Realist. Es wäre eine Überraschung, wenn Kulturstaatsminister Neumann heute Abend auch an die Leistung des kleineren deutschen Staats erinnert.
Traum(a)
Metropolis lebt. Kalte Geometrie. Metropolen verweigern uns weiterhin den emotionalen Einklang mit gebauter Welt. Wo Großstädte ihren modernsten ästhetischen Reiz zeigen, sind sie zugleich am unbewohnbarsten. Man begreift sofort, dass man fehl am Platze ist und dass die moderne Stadt einer zeitlosen, unnatürlichen Verbindung entsprang: Ihre Eltern sind ein kalter Mathematiker und Alice im Wunderland. Wie das Land der Träume, in dem Alice umherwandert, ist die Stadt ein Irrgarten des Absurden, eine Geschichte ohne Vergangenheit und Zukunft. Das Vergangene existiert nicht mehr, das Zukünftige ist bereits überholt. Während sich aber Alice am Faden ihrer eigenen Fantasie vorantastet, sind die Weiten der modernen Stadt ein Archipel von Monaden, zwischen denen es keinerlei Verbindungen gibt. Städtische Gegenden begannen einst als Traum, anonym bleiben zu dürfen. Daraus wurde eine Welt, in der keiner mehr einem anderen wirklich begegnet. Die unzüchtige Vereinigung des kalten Mathematikers mit der kleinen Alice wird unaufhaltsam weitere Monster gebären. hds
HEUTE
läuft Fritz Langs Film »Metropolis« in restaurierter Version.
LIVE
wird aus dem Friedrichstadtpalast zum Brandenburger Tor übertragen. Arte sendet den Film 20.40 Uhr.
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