Bella Figura

  • Kira Taszman
  • Lesedauer: 3 Min.

Schmutzige Wasserlachen wohin man tritt: Wer jetzt auf dem Potsdamer Platz unterwegs ist, muss aufpassen, keine nassen Füße zu bekommen. Schnee und Eis sind geschmolzen, vor dem Hyatt-Hotel stehen kaum noch Autogramm-Jäger und die Trittleitern für Fotografen sind verwaist: Das Festival geht zu Ende. Man zieht Bilanz, die man wie die Winzer gern mit der Frage einleitet: War es ein guter Jahrgang?

Auch da unterscheidet man in Meckerer und Begeisterte. Oder Inkonsequente. So hagelte es nach der Pressevorführung von Oskar Roehlers »Jud Süß« zwar Buhrufe, jedoch auf der anschließenden Pressekonferenz hielten sich dieselben Journalisten zahm zurück.

Ansonsten hatte man wie immer Déjà-vus: Internationale Journalisten fragen stets national Relevantes, so der italienische Journalist, warum denn in »Jud Süß« eine alte positive Kritik des Films vom späteren Regiemeister Antonioni erwähnt werde oder die ukrainische Kollegin, ob die Regisseurin Lisa Cholodenko denn wisse, dass sie einen ukrainischen Namen trage?

Leo DiCaprio, Sohn einer deutschen Mutter, musste erneut seine eher bescheidenen Deutschkenntnisse demonstrieren (»Wie geht's? Ich bin ein Berliner!«). Auch scheinen einige Journalisten eine Art Abonnement auf die von den Saaldamen vergebenen Mikrofone zu haben, wie die Dame aus Québec, der Herr aus Nordafrika oder der Herr aus Dänemark. Was ist nur mit der Journalistin aus Australien passiert, die früher immer durch ihren leicht aggressiven Fragestil auffiel?

Sobald Stars – möglichst aus Hollywood – in Aussicht stehen oder man gar einen Skandal wittert, ist der Konferenz-Saal voll. Doch es gibt auch solche übersichtlichen Pressekonferenzen wie bei einem Panorama-Beitrag, der nicht namentlich genannt werden soll. Dort konnte man ganze 14 Journalisten zählen (die Autorin eingeschlossen).

Ansonsten bot der Wettbewerb den üblichen Mix aus Düsterem und Heiterem, handelte von Mördern, Drogensüchtigen, korrupten Politikern, Kriegsversehrten, aber auch jungen Meteorologen, einem kuschelbedürftigen Samenspender oder einem entzückenden Erstklässler.

Zu den Qualen, die Filme bei gestressten Vielguckern auslösen können, gesellen sich mitunter solch existenzielle wie Futterneid. So schlugen sich die Leinwand-Protagonisten im Wettbewerb ungeniert die Mägen voll: Leckeres für den Heimkehrer im chinesischen Film »Apart Together«, blutiges argentinisches Steak in »The Kids Are All Right«. Die Hausmannskost in »En ganske snill mann« war von der Wirtin dagegen eher als eine Art Vorspiel für den Beischlaf gedacht, den sie ihrem Mieter – zur Erheiterung des Publikums – geradezu aufzwang. Der Bekochte selbst hätte sich lieber über das Kompott hergemacht ...

Erfreulich auch, dass der von Wolfgang Kohlhaase geschriebene DEFA-Film »Der Aufenthalt« in der Hommage-Reihe nach 27 Jahren immer noch eine gute Figur macht. Selbige hat der gallische Filmstar Gérard Depardieu zwar nicht (mehr), aber es war schön, ihn auf dem Festival zu haben. Seine Darbietung eines Motorrad fahrenden Rentners mit Walle-Mähne gehörte zu den anrührendsten und lustigsten des Festivals.

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