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Restaurantsuche im Panoramabild
»Google Street View« soll noch in diesem Jahr hiesige Städte ins Netz bringen
Das inoffiziele Motto des mit seiner Internetsuchmaschine zum milliardenschweren Weltkonzern aufgestiegenen US-Unternehmens Google lautet: »Don't be evil« (»Sei nicht böse«). Folgerichtig war beim Vortrag des Google-Produktmanagers Raphael Leiteritz anlässlich der Vorstellung des neuen Dienstes ein leicht gekränkter Unterton nicht zu überhören. Will das Unternehmen doch nur seinen Kartendienst »Google Maps« komfortabler für die Nutzer machen. Das führte der zur Zeit in einem Entwicklungszentrum des Konzerns in Zürich Tätige an seiner Wahlheimat vor.
Bisher konnte man mit dem Kartendienst »Google Maps« in 100 Ländern weltweit Adressen und dank zahlreicher Partnerfirmen auch Zusatzinformationen wie nahegelegene Restaurants oder Hotels finden. Routenplaner, teilweise auch für Fußwege ergänzen das Angebot. Geoinformatik nennt sich diese Verknüpfung geographischer mit weiteren Informationen und eigentlich wird dieses Technikgebiet in der Bundesrepublik sogar vom Gesetzgeber gefördert. So gibt es eine gesetzliche Verpflichtung von Behörden wie den Katasterämtern, vorhandene geographische Daten öffentlich zugänglich zu machen, und das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt »Panovis« an der Uni Bremen, das hochauflösende 3D-Straßenansichten für exakte Stadtplanung direkt am Computer bereitstellen soll. Da wundern sich Leiteritz und Googles hiesiger Leiter der Rechtsabteilung, Arnd Haller, natürlich über die gleichzeitige Kritik der Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner.
In jenen Ländern, wo der Dienst bereits läuft, so versichert Produktmanager Leiteritz, habe sich die Einstellung überwiegend positiv gewandelt und die Nutzung des zugehörigen Wegeplaners habe massiv zugenommen. Zumindest bei den hauptamtlichen Datenschützern scheint das aber nicht ganz so glatt zu gehen. Der Schweizer Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür jedenfalls kritisierte Ende vergangenen Jahres, dass das Unternehmen entgegen früheren Angaben nicht nur die touristisch interessanten Stadtzentren, sondern auch durchaus »sensible Umgebungen« wie Gefängnisse, Krankenhäuser und Schulen erfasse.
In Deutschland hat sich das Unternehmen im vergangenen Jahr mit mehreren Datenschutzbeauftragten zusammengesetzt, um die Bedingungen auszuhandeln, unter denen diese Street View akzeptieren könnten. Im Ergebnis, so Haller, seien für den deutschen Dienst mehrere zusätzliche Regelungen geplant. Zum Beispiel könnten sich Hauseigentümer, aber auch Mieter vorab bei Google melden, wenn sie nicht wünschen, dass das Haus, in dem sie wohnen, bei Google im Bild erscheint. Gesichter und Autokennzeichen würden automatisch durch Verpixeln unkenntlich gemacht. Wer dennoch sein Gesicht erkenne, solle das melden, so dass das Bild nachbearbeitet wird. Zudem – das sei nur in Deutschland so – würden die Rohdaten nach der Bearbeitung gelöscht.
Und damit auch ja niemand das große Entgegenkommen übersieht, hat das US-Unternehmen bei den Rechtsinformatikern der Uni Hannover für 320 000 Euro ein Gutachten in Auftrag gegeben. Darin kommt der Leiter des Instituts für Rechtsinformatik, Prof. Nikolaus Forgó, zu dem Schluss, dass eigentlich die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes gar nicht zur Anwendung kommen dürften, weil bei »Google Street View« weder personenbezogene Daten erhoben würden noch solche unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeitet würden. Forgó musste allerdings einräumen, dass bei einer – abgewiesenen – Klage gegen den Geo-Dienst »Bilderbuch Köln« das Landgericht Köln die Fotos von Hausfassaden durchaus als personenbezogene Daten eingestuft hatte.
Über die Kosten und die Geschäftsmodelle, mit denen Google seine Investitionen wieder hereinholen will, mochte sich keiner der Firmenvertreter genauer äußern. Ein großer Teil Deutschlands ist jedenfalls fotografiert und Google will noch in diesem Jahr mit »Street View« online gehen.
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