Schmerzhafter Kompromiss

Angestellte im öffentlichen Dienst erhalten nach Tarifeinigung künftig mehr Geld

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Nach sieben Verhandlungswochen ist nun endlich eine Einigung erzielt worden im Tarifstreit im Öffentlichen Dienst. Leicht gefallen ist das Ergebnis sicher niemandem: Es ist ein Kompromiss, der für beide Tarifparteien angesichts der Krise gerade noch tragbar ist.

Potsdam (Agenturen/ND). Arbeitgeber und Gewerkschaften akzeptierten in der Nacht zum Sonntag in Potsdam im Wesentlichen den Schlichterspruch vom Donnerstag der vergangenen Woche. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) strebt jetzt die »zeitgleiche« Übertragung des Tarifergebnisses auf die 360 000 Beamten des Bundes an, ebenso auch auf Soldaten und Pensionäre. Der Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Thomas Böhle, sagte, der Abschluss bedeute für die Kommunen erhebliche Lasten. Positiv sei aber die vereinbarte Laufzeit von 26 Monaten, die Planungssicherheit bringe, ebenso der Ausbau der leistungsorientierten Bezahlung.

De Maizière, der für den Bund die Verhandlungen führte, sagte, er halte das Ergebnis für einen »vertretbaren Gesamtkompromiss«, der die öffentlichen Kassen nicht über Gebühr belaste. Laut Böhle kostet das Tarifergebnis allein die Kommunen und ihre Unternehmen im laufenden Jahr rund 1,1 Milliarden Euro, im nächsten Jahr weitere 1,3 Milliarden Euro.

Vor allem die kommunalen Arbeitgeber hatten sich in den langwierigen Verhandlungen schwergetan, den Schlichterspruch zu akzeptieren. Sie verwiesen auf die leeren Kassen der Gemeinden und die zugleich drohenden neuen Einnahmeausfälle durch die Steuerpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung.

Der nun erzielte Tarifabschluss sieht vor, dass die Gehälter zunächst rückwirkend zum 1. Januar um 1,2 Prozent erhöht werden. Als »soziale Komponente« wird im Januar 2011 eine Einmalzahlung von 240 Euro gewährt. Ein weiterer kleiner Sprung von 0,6 Prozent ist ab Januar 2011 vorgesehen, eine dritte Erhöhung um weitere 0,5 Prozent folgt dann zum 1. August 2011.

Für Krankenhäuser und Nahverkehr wurden Sonderregelungen vereinbart. Dort erhalten die Beschäftigten rückwirkend ab 1. Januar 2,1 Prozent mehr. Weitere 1,6 Prozent kommen zum 1. Januar 2011 hinzu. Die Tarifparteien vereinbarten zudem, die festgefahrenen Gespräche über die seit 2005 strittige Entgeltordnung, mit der die Beschäftigten eingruppiert werden, wieder in Gang zu bringen.

Ver.di-Chef Frank Bsirske, bezeichnete das Ergebnis als keinen Grund zum Jubeln, es sei aber in dieser Situation auch nicht selbstverständlich. »Es ist zwar mehr, als nach der Festlegung der Arbeitgeber in den Verhandlungen zu erwarten war, aber es ist weniger, als viele erhofft hatten und was auch notwendig gewesen wäre.« Der Verhandlungsführer der Tarifunion des Beamtenbundes dbb, Frank Stöhr, sagte, entscheidend sei, dass die Beschäftigten Anschluss an die allgemeine Lohnentwicklung bekommen »und kein Sonderopfer für die klammen öffentlichen Haushalte bringen müssen«. Stöhr: »Es wäre ungerecht und unsozial gewesen, die Kollegen für Fehler bluten zu lassen, die nicht sie, sondern Banker begangen haben.«

Nach Darstellung von ver.di belaufen sich die mit dem Tarifabschluss erzielten Verbesserungen für die Beschäftigten auf ein Volumen von 3,5 Prozent der gesamten Lohnsumme. Die Gewerkschaften waren im Januar mit Forderungen im Gesamtvolumen von 5 Prozent in die Gespräche gegangen, hatten diese dann aber auf 3,5 Prozent reduziert. Die Arbeitgeber hatten nach langem Abwarten 1,5 Prozent angeboten.

Da die Tarifparteien am Verhandlungstisch nicht weiterkamen, hatten sie – wie schon 2008 – die Gespräche für gescheitert erklärt und die Schlichtung durch den früheren sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) und den ehemaligen Oberbürgermeister von Hannover, Herbert Schmalstieg (SPD), angerufen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete den Tarifabschluss in einem Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio am Sonntag als »beispielhaft«. »Wir haben jetzt im zweiten Fall nach der Metallindustrie doch akzeptable Lohnabschlüsse«, sagte die Kanzlerin. »Und das zeigt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter auf die schwere wirtschaftliche Situation, in der wir uns befinden, vernünftig reagieren.«

»Mit diesem Verhandlungsergebnis ist es uns gelungen, eine Nullrunde zu verhindern und den Arbeitgebern die Tür für Einkommenskürzungen zu verriegeln«, kommentierte der Chef der Polizeigewerkschaft GdP das Ergebnis.

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