Klimaschutz leicht gedrosselt
Umweltverwaltung feilt an neuem Gesetzentwurf / Sanierung kann teuer werden
Die hitzigen Diskussionen hätten sicher zur Klimaerwärmung beigetragen, scherzte der Vertreter des Grundstücksnutzerverbandes am Donnerstagabend auf einer Veranstaltung der SPD-Fraktion zum Klimaschutzgesetz. Die Erregung insbesondere bei Hauseigentümern kocht wieder hoch, nachdem aus dem Hause von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (LINKE) ein neuer Gesetzentwurf bekannt geworden war.
Gegenüber dem ersten Entwurf, gegen den Wirtschafts- und Umweltverbände, aber auch die SPD Sturm gelaufen waren, kommt das neue Papier den Hauseigentümern allerdings entgegen. Die sollen, sofern ihre Heizungen älter als 20 Jahre alt sind, verpflichtet werden, in ihren Häusern erneuerbare Energien einzusetzen oder durch andere Maßnahmen den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken. Wer seine Heizung allerdings nach 19 Jahren austauscht, kann diese teure Sanierung umgehen. Auch Häuser mit Fernwärmeanschluss und Gasetagenheizungen müssen nicht umgerüstet werden.
Lompscher ist auch auf ihre Kritiker vom Umweltverband BUND, dem Berliner Mieterverein und der IHK zugegangen, die ein eigenes Stufenmodell zur Festlegung immer höherer Standards zum Energieverbrauch der Gebäude entwickelt hatten. Demnach sollen zunächst die größten Energieschleudern energetisch saniert werden. Der Entwurf Lompschers setzt als Grenze den Verbrauch von 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr an. Häuser, die weniger verbrauchen, sollen von der Pflicht zum Einsatz erneuerbarer Energien vorerst ausgenommen bleiben. Die Grenzwerte könnten später verschärft werden.
»Die Senatorin kommt uns zwar einen Schritt entgegen, aber wir brauchen eine verbindliche Festlegung der Standards«, so Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild. Außerdem dürften Fernwärmewohnungen nicht von der Sanierungspflicht ausgenommen sein. »Das wird zwar die Wohnungswirtschaft freuen, aber für die Energiebilanz ist das ganz schlecht.« Der Energieexperte der Grünen, Michael Schäfer, wirft der Umweltsenatorin vor, »das erste klimaschutzfreie Klimaschutzgesetz« zu planen. Für 70 bis 80 Prozent der Gebäude müssten überhaupt keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Mit solch einem Gesetz würde der Senat die Mieter den kommenden drastischen Heizkostensteigerungen schutzlos ausliefern.
Für die könnten aber auch eine energetische Sanierung teuer werden. Schon eine Komplettsanierung ohne den Einsatz erneuerbarer Energien führt zu Mietsteigerungen bis zu 2,50 Euro pro Quadratmeter, die Energieeinsparung gleicht das mit 50 Cent kaum aus. Der Mieterverein fordert eine Abfederung der Kosten und hofft auf den Einsatz von Fördermitteln. Wild schlägt eine Deckelung der Sanierungskosten nach der Formel »doppelte Einsparung« vor: Beträgt die Energieeinsparung ein Euro pro Quadratmeter, muss der Mieter zwei Euro pro Quadratmeter Modernisierungskosten tragen.
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