UNESCO-Titel der Rhön in Gefahr

Vor allem Bayern und Thüringen weisen im Biosphärenreservat zu kleine Kernzonenflächen aus

  • Angelika Röpke
  • Lesedauer: 3 Min.
Sieben Jahre sind vergangen, seit die UNESCO den Ländern Bayern, Hessen und Thüringen auf die Finger geklopft hat. Die sogenannten Kernzonen im Biosphärenreservat Rhön sind zu klein, es müssten mehr solcher unberührten Gebiete her, mahnte die Weltkulturorganisation bei ihrer Überprüfung. Während in Hessen seit vergangenem Sommer intensiv nach möglichen Flächen gesucht wird, dümpeln die Verantwortlichen in Thüringen und Bayern noch vor sich hin.

Oberelsbach/Gersfeld/Geisa. Mindestens drei Prozent des 185 000 Hektar großen Biosphärenreservats Rhön – das sind 5550 Hektar – müssen bis 2013 als Kernzone beziehungsweise Totalreservat ausgewiesen werden. Bisher fehlt im Reservat jedoch mehr als die Hälfte, etwa 2850 Hektar. Sollte das Defizit in drei Jahren noch bestehen und deshalb der UNESCO-Titel aberkannt werden, wäre das eine Blamage für die Politik. In Deutschland gibt es 15 Biosphärenreservate, weltweit sind es 355.

Die Rhön ist ein Vulkangebirge. Wegen der freien Gipfel und der guten Weitsicht gilt das Mittelgebirge, in dem 162 000 Menschen leben, als »Land der offenen Fernen«. Vor allem bei Wanderern ist das Biosphärenreservat im Kernbereich der Rhön mit seinen Basaltkuppen beliebt. Knapp 40 Prozent der Fläche liegen in Bayern, 34 Prozent in Hessen, der Rest gehört zu Thüringen. 1991 erklärte die UNESCO die Rhön zu einem Biosphärenreservats und griff der strukturschwachen Region damit im Tourismus unter die Arme.

Problem Bundeswehr

Bei der Suche nach weiteren Kernzonen-Flächen sind Bund, Land und Kommunen gemeinsam gefragt, sagt Wolfgang Sailer vom bayerischen Agrarministerium. Den Bund sieht Bayern mit dem Truppenübungsplatz Wildflecken in der Pflicht. Man erhofft sich von dem rund 7200 Hektar großen Gelände einige hundert Hektar – bisher vergeblich. »Das stockt. Da gibt es keine Zusage«, berichtet Sailer und erklärt: Bundeswehrübungsplätze bräuchten Pufferzonen als Übergang zu den frei zugänglichen Gebieten, die als Kernzonen geeignet wären. Denn schließlich werde in Wildflecken geschossen.

»Die hauptsächliche Fläche muss aus dem Bereich der bayerischen Staatsforsten kommen«, sagt die stellvertretende Leiterin der Reservats-Verwaltungsstelle in Oberelsbach, Doris Pokorny. Gemeindeflächen als Kernzonen auszuweisen habe kaum Sinn, weil sie meist kleiner als ein Hektar seien und nicht zusammenhingen.

Bisher sind in Bayern 383 Hektar als Kernzone deklariert, 1801 Hektar mehr müssen es bis 2013 werden. Die zuständigen Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft können sich derzeit nicht über Lösungen verständigen. »Ganz konkrete Vorschläge liegen bislang nicht auf dem Tisch«, sagt Pokorny. Ministeriumssprecher Sailer sichert zwar zu: »Der Staatswald kommt dafür grundsätzlich infrage.« Dafür bedarf es aber eines Gesetzes – hier sei das Umweltministerium gefragt. Umweltminister Markus Söder (CSU) wiederum schiebt den Ball dem Landwirtschaftsministerium zu. Man sei aber »optimistisch und in guten Gesprächen«. Bayerns Naturschützer bezweifeln das. »Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Briefe geschrieben und immer wieder hinhaltende Antworten bekommen«, sagt Helmut Schultheiß vom Bund Naturschutz.

Hessen ist Vorreiter

In Thüringen geht es ähnlich schleppend voran wie in Bayern. Ob die neuen Kernzonen den Staatsforst, Kommunal- oder Privatwald betreffen werden, steht noch in den Sternen. »Derzeit wird eine Fachkonzeption für die Erweiterung der Kernzonen des Biosphärenreservats Rhön erarbeitet, die 2010 fertiggestellt sein soll«, erklärt der Sprecher des Umweltministeriums in Erfurt, Andreas Maruschke. Danach müssen sich die Waldbesitzer abstimmen. Die Rhön ist in Sachen UNESCO nicht das einzige Thüringer Sorgenkind. So ist das schon 1979 ausgewiesene Biosphärenreservat Vessertal bei Suhl mit seinen 17 000 Hektar zu klein. Die Mindestgröße liegt bei 30 000 Hektar. Daher droht ihm bei der turnusmäßigen Überprüfung 2011 der Verlust des Titels.

Hessen hingegen entpuppt sich bei der Rhön als Vorreiter. Der hessische Teil am Biosphärenreservat umfasst knapp 65 000 Hektar. Um die geforderten Kernzonen von 1945 Hektar zu erreichen, fehlen noch etwa 390 Hektar. Die Lösung des Problems ist nicht billig. »Es müssen Waldflächen angekauft werden, die wir als Kernzone ausweisen können«, erklärt der Leiter der hessischen Reservats-Verwaltungsstelle, Otto Evers, in Gersfeld. Um die nötigen Hektar zu erwerben, müssen bis zu vier Millionen Euro her. Die Landesregierung hat Hilfe signalisiert.

»In Bayern klemmt es augenblicklich noch«, sagt Evers, »aber die Bayern sind ja dafür bekannt, dass sie hartnäckig sein können.«

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