Entgelt-Check für Gleichstellung
Expertinnen der Hans-Böckler-Stiftung entwickeln neues Prüfinstrument
Der Weltfrauentag hat kürzlich daran erinnert und der Equal-Pay-Day am 26. März wird es nochmals tun: Ob Bäckereifachverkäuferin oder Leiterin einer EDV-Abteilung, der Einkommensabstand zwischen Männern und Frauen liegt in Deutschland bei gut 23 Prozent. Das ist der fünftschlechteste Wert unter den 27 EU-Ländern.
Die Lohnhöhe wird von vielen Faktoren beeinflusst, die auf den ersten Blick schwer zu identifizieren ist. Damit Entgeltdiskriminierung künftig besser erkannt werden kann, haben Karin Tondorf und Andrea Jochmann-Döll den Entgeltgleichheits-Check (www.eg- check.de) entwickelt. Er steht im Internet zu Verfügung und klopft wichtige Bestandteile der Vergütung – wie anforderungsbezogenes Grundgehalt, Stufensteigerungen beim Grundgehalt, Leistungsvergütungen, Überstundenvergütung oder Erschwerniszuschläge – einzeln auf mögliche Diskriminierungen ab. Tondorf und Jochmann-Döll arbeiteten den Entgelt-Check als Alternative zu einem Angebot des Bundesfrauenministeriums aus. Ihrer Meinung nach ist das Software-Programm »Lohngleichheit im Betrieb – Deutschland (Logib-D)« des Ministeriums nicht geeignet, um Lohnungleichheit zu erfassen. Das liege daran, so die Forscherinnen, dass Logib-D die Entgeltbestandteile nicht einzeln überprüfe und neue Erkenntnisse der Diskriminierungsforschung nicht einbeziehe. Eg-check.de hingegen würde bestehende Arbeitsbewertungen überprüfen – beispielsweise werde psycho-soziale Kompetenz in Tarifverträgen kaum beachtet – und Entgeltbestandteile differenzierter betrachten.
Gedacht ist der Check für Arbeitgeber, Betriebs- und Personalräte, Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte, Tarifparteien, Gewerkschaften, Beschäftigte und – sollte es zu Klagen kommen – auch für Arbeitsrichterinnen. »Wir wollen mehr Bewegung in diesem Feld. Vor allem soll nicht nur von oben geprüft werden, sondern auch von unten. Wir wollen mehr Akteure«, fordert Jochmann-Döll.
Der Entgelt-Check besteht aus drei Prüfinstrumenten: Die Statistiken enthalten anonyme Entgeltdaten des zu prüfenden Unternehmens. Sie sind beispielsweise nach Geschlecht differenziert. Dahinter steckt die Idee, dass ein statistischer Vergleich erste Hinweise auf mögliche Benachteiligungen geben kann. Die sogenannten Regelungschecks zeigen diskriminierende Bestimmungen in Betriebs- und Dienstvereinbarungen oder Tarifverträgen auf. Und die Paarvergleiche setzen beispielsweise die individuelle Entlohnung einer Küchenleiterin mit der eines Werkstattleiters in Bezug.
Wird mit dem Test eine bestehende Diskriminierung ermittelt, bedeutet das allerdings noch nicht, dass der Erkenntnis eine Klage folgt. Wichtig wäre, erklärt Jochmann-Döll, dass die Unternehmen in regelmäßigen Abständen solche Checks durchführen müssen. »Dafür gibt es in Frankreich Gesetze, nur in Deutschland darf das nicht gedacht werden.«
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